In der Finanzwelt sind Fehlentscheidungen allgegenwärtig. Steht der Gedanke im Raum, das Ruder in die Hände eines Finanzberaters zu geben und sich von renditerisikohaften Entscheidungen fernzuhalten? Ali Masarwah, ein erfahrener Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor, widmet sich dieser komplexen Fragestellung.
Vor etwa 15 Jahren, während der Moderation eines Panels zu Trends im Finanzvertrieb, stellte Masarwah die gängige Praxis der "Einwandbehandlung" in Frage. Anstatt Kunden wie Patienten zu behandeln, die kuriert werden müssen, plädierte er für einen Betrieb auf Augenhöhe mit den Anlegern, einem Ansatz, der damals nicht auf ungeteilte Zustimmung stieß.
Heute, als Leiter eines Finanzdienstleisters, der täglich Anlageentscheidungen trifft, sieht Masarwah viele Portfolios, die an schlechter Diversifikation leiden. Anleger haben oft zur falschen Zeit in riskante Produkte investiert, was zu suboptimalen Renditen geführt hat. Forschungsergebnisse der Behavioral Finance haben gezeigt, dass kognitive Verzerrungen wie Selbstüberschätzung solche finanziellen Dilemmata verstärken.
Wäre es besser, wenn Finanzexperten ihre Kunden taktisch zu besseren Entscheidungen lenken würden, auch wenn dies ihren ersten Absichten widerspricht? In einer idealen Welt würde der Berater die Hoheit über komplexe Finanzentscheidungen übernehmen, ähnlich wie Experten in anderen Fachgebieten.
Doch die Realität sieht häufig anders aus. In Deutschland herrscht oft eine Vertriebsstruktur, die Verkäufern dazu verführt, weniger optimal auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen. Stattdessen wird das Angebot durch zentrale Marketingstrategien in Städten wie Frankfurt oder Hannover bestimmt, was selten den besten Interessen der Anleger entspricht.
Ein wirklich fairer und effektiver Beratungsprozess bleibt für viele Anleger im Jahr 2024 unerreichbar. Die Meritokratie der Finanzberatung, in der maßgeschneiderte und leistungsstarke Portfolios gemeinsam mit Experten entwickelt werden, bleibt oft vermögenden Kunden vorbehalten, während die breite Masse weiterhin auf angemessene Beratung hofft.