Der Trend zum Zweitjob
Rund 4,5 Millionen Deutsche hatten im dritten Quartal 2023 neben ihrem Hauptberuf noch einen Nebenjob. Die Gründe dafür sind vielfältig: Für einige bietet der Zweitjob Abwechslung zum beruflichen Alltag, andere möchten eine Geschäftsidee testen oder müssen schlicht ihre Lebenshaltungskosten stemmen.
Doch egal, ob Töpferkurs, Coaching oder Kellnern – ein Zweitjob bringt nicht nur Chancen, sondern auch Pflichten mit sich.
Was der Arbeitgeber wissen muss
Der erste Schritt in den Zweitjob führt oft durch die Tür des aktuellen Arbeitgebers. Zwar ist die Mitteilungspflicht nicht immer vorgeschrieben, doch viele Arbeitsverträge enthalten Klauseln, die eine Information an den Chef verlangen.
Besonders heikel wird es, wenn der Nebenjob mit der Haupttätigkeit kollidiert, etwa bei konkurrierenden Unternehmen oder wenn die zusätzliche Arbeit zu Übermüdung führt.
„Arbeitgeber können einen Zweitjob nur dann ablehnen, wenn sie triftige Gründe haben“, erklärt Peter Cronauer von der Pronova BKK.
Ein Beispiel: Wer tagsüber Maschinen bedient und nachts regelmäßig kellnert, könnte seine Konzentration gefährden – ein nachvollziehbarer Einwand.
Steuerklasse VI: Was bleibt vom Zweitjob übrig?
Finanziell lohnt sich ein Zweitjob nicht immer so sehr, wie es auf den ersten Blick scheint. Der Knackpunkt: Der Nebenjob wird automatisch der Steuerklasse VI zugeordnet. Diese ist besonders ungünstig, da keine Freibeträge berücksichtigt werden und bis zu 60 Prozent Steuern anfallen können.
Der Vorteil: Arbeitnehmer dürfen selbst entscheiden, welcher Job als Haupt- und welcher als Nebenbeschäftigung gilt. „In der Regel macht es Sinn, das höhere Gehalt in der günstigeren Steuerklasse zu belassen“, rät Steuerberater Andreas Reichert. Für die Berechnung können Tools wie der Lohnsteuerrechner des Bundesfinanzministeriums genutzt werden.
Deutlich einfacher ist die Lage bei einem Minijob: Solange das Einkommen unter der Grenze von aktuell 538 Euro bleibt (ab 2025: 556 Euro), sind keine Steuern fällig. Verdienste darüber hinaus werden hingegen regulär versteuert.
Sozialversicherungsfallen vermeiden
Zwei sozialversicherungspflichtige Jobs bedeuten, dass für beide Einkommen Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung abgezogen werden. Allerdings gibt es eine Deckelung: Ab einem Bruttogehalt von insgesamt 5.175 Euro im Monat greift der Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung.
Problematisch wird es, wenn beide Arbeitgeber Beiträge unabhängig voneinander abführen. In diesem Fall kann es zu Überzahlungen kommen. „Das Geld wird in der Regel automatisch erstattet, aber es kann Monate dauern“, warnt Cronauer. Eine frühzeitige Abstimmung zwischen den Arbeitgebern kann helfen, unnötige Abzüge zu vermeiden.
Arbeitszeit: Das Gesetz hat klare Grenzen
Multijobber dürfen in Deutschland durchschnittlich nicht mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten. Kurzfristige Ausnahmen von bis zu 60 Stunden sind zwar erlaubt, müssen aber zeitnah ausgeglichen werden.
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Wer diese Grenze überschreitet, riskiert rechtliche Konsequenzen – im Extremfall könnte der jüngste Arbeitsvertrag für nichtig erklärt werden.
Besonders bei mehreren Arbeitgebern ist es entscheidend, die Arbeitszeiten genau zu dokumentieren. Ohne einen klaren Überblick drohen Überschreitungen, die rechtliche und finanzielle Risiken mit sich bringen.
Urlaub und Krankheit: Doppelte Planung erforderlich
Auch Urlaubs- und Krankheitsregelungen erfordern bei Multijobbern besondere Aufmerksamkeit. Die Urlaubstage werden pro Arbeitgeber individuell berechnet und müssen koordiniert werden, wenn längere Auszeiten geplant sind. Wer beispielsweise zwei Wochen verreisen möchte, muss den Urlaub bei allen Arbeitgebern gleichzeitig beantragen.
Ähnlich verhält es sich bei Krankheit: Auch hier müssen alle Arbeitgeber über die Abwesenheit informiert werden, da die Lohnfortzahlung aus jeder Beschäftigung individuell erfolgt.