Die 22-jährige Studentin Laiba Rashid aus der geschäftigen Metropole Lahore hat große Hoffnungen: Selbstständigkeit und Flexibilität, die sich durch das Motorradfahren ergeben sollen. Möglich macht das ein speziell für Frauen entwickeltes Trainingsprogramm, das von der örtlichen Verkehrspolizei unterstützt wird. Trotz siebenjähriger Laufzeit ist das Bild von Frauen auf Motorrädern im konservativ-islamischen Pakistan noch eine Seltenheit. Die gesellschaftliche Akzeptanz von Frauen hinter dem Lenkrad oder als Sozius bei männlichen Verwandten überwiegt noch immer. Doch Laiba Rashid sieht ihre Chance: „Ich möchte ein eigenes Motorrad, um selbst zur Universität zu fahren – endlich unabhängig von meinem Bruder.“ Diese Neuorientierung scheint auch in ihrer Familie Fuß zu fassen: „Alle sind nun überzeugt, dass Frauen selbstbestimmt ihre Wege zu Schulen, Arbeitsplätzen und Märkten finden sollten.“ Bushra Iqbal Hussain, Aktivistin und Direktorin von Safe Childhood, unterstreicht die kulturelle Wende, die sich hier anbahnt. Ähnlich dem Aufbruch von Frauen in den 1980er Jahren mit dem Auto, keimt ein neues Selbstbewusstsein. Durch die steigenden Autopreise und die erschwinglichen Motorräder wird dieser Trend genährt und die Abhängigkeit von männlichen Fahrern reduziert. Die Wirtschaftslage verschärft diesen Wandel: Stagnierende Löhne und hohe Inflation drücken auf die Kaufkraft der Mittelschicht, und ein Motorrad wird zur praktikablen Alternative, so der Autoanalyst Muhammad Abrar Polani von Arif Habib. Während das billigste Auto rund 2,3 Millionen Rupien kostet, ist ein chinesischer Zweiräder für etwa 115.000 Rupien zu haben. Das „Women on Wheels“ (WOW) Programm hat seit seinem Start 6.600 Frauen geschult, erklärt Verkehrswächter Sohail Mudassar, und Humaira Rafaqat, eine erfahrene Trainerin, hebt die Begeisterung und Lernfreude der Teilnehmerinnen hervor. Eine dieser Frauen, die 23-jährige Doktorandin Ghania Raza, spricht von einem triumphalen Gefühl der Selbstermächtigung – wie das Durchbrechen einer gläsernen Decke. Shumaila Shafiq, Mutter von drei Kindern und Modedesignerin, hat das Training ebenfalls abgeschlossen und fühlt sich nun sicher auf dem Motorrad. Sie hat eine spezielle Abaya-Kleidung entworfen, die praktischer und sicherer für Motorradfahrten ist. Die Idee dahinter: eine modisch-funktionale Unterstützung für Mitstreiterinnen auf zwei Rädern.