Bei Mercedes-Benz weht ein kalter Wind. Der Konzern, der lange für Glanz und Luxus stand, muss sparen – und das gewaltig. Fünf Milliarden Euro sollen bis 2027 gekürzt werden. Dazu kommen neue Regeln, die viele Mitarbeiter vor den Kopf stoßen. Die Stimmung? Am Tiefpunkt. Die Frage? Wie viel Mercedes bleibt übrig, wenn der Rotstift regiert?
„Ab jetzt bitte wieder ins Büro!“
Kurz vor Weihnachten traf eine Nachricht aus dem Vorstand bei den Führungskräften ein, die es in sich hatte. Der Tenor: Kreative Ideen und schnelle Entscheidungen entstehen am besten von Angesicht zu Angesicht. Also bitte zurück ins Büro – und zwar ab Januar.
Homeoffice? Eigentlich ein Auslaufmodell. Doch die Ansage kam nicht gut an. „Das passt doch gar nicht zu unseren eigenen Richtlinien“, murrt ein Manager. „Wir wollten doch mobiles Arbeiten fördern!“
Viele fühlen sich übergangen. Besonders Eltern, die auf flexible Arbeitsmodelle angewiesen sind, sehen sich vor große Probleme gestellt. Dazu kommt die Büro-Situation: Seit Jahren wurden Standorte reduziert, oft teilen sich zwei oder mehr Mitarbeiter einen Schreibtisch. „Wie soll das funktionieren?“ fragen viele – ohne Antwort.
Milliarden sparen, koste es, was es wolle
Das größte Problem liegt jedoch nicht in den Büros, sondern in den Büchern. Mercedes schreibt schwarze Zahlen, aber weit weniger, als es sich CEO Ola Källenius erhofft hatte. Vor allem in China läuft das Geschäft schlecht, und die Luxusstrategie, die auf teure Modelle setzt, zündet nicht. Die Ziele, die vor zwei Jahren gesteckt wurden, wirken inzwischen fast wie Wunschdenken.
Die Lösung aus Sicht des Managements: ein massives Sparprogramm. Unter dem Namen „Next Level Performance“ sollen bis 2027 fünf Milliarden Euro eingespart werden – und das vor allem beim Personal. Es gibt Pläne, Aufgaben auszulagern, Sonderzahlungen zu streichen und sogar Weihnachtsurlaubsregelungen zu verschärfen. Am Ende könnte auch ein größerer Stellenabbau drohen.
Die Belegschaft kocht
Kein Wunder, dass die Mitarbeiter frustriert sind. „Das alles fühlt sich an wie ein Versteckspiel“, sagt ein langjähriger Angestellter. Offiziell gibt es noch keine Entlassungen, doch inoffiziell haben bereits einige Führungskräfte Abfindungsangebote erhalten. Viele befürchten, dass die Situation schlimmer wird, als man es aktuell zugeben möchte.
Auch die Rückkehrpflicht ins Büro trägt zum Frust bei. „Das ist doch ein verdecktes Sparprogramm“, schimpft eine Mitarbeiterin. Wer Homeoffice braucht, etwa weil Kitas überfüllt sind, steht plötzlich unter Druck. Viele fühlen sich allein gelassen, und die Kommunikation des Vorstands stößt auf Unverständnis. „Wie sollen wir kreativ sein, wenn die Stimmung im Keller ist?“ fragt ein Sachbearbeiter aus der Zentrale.
Luxusstrategie unter Beschuss
Mercedes hat ein Problem: Die Ziele des Konzerns sind hoch, die Realität sieht anders aus. Die Rendite liegt deutlich unter den Erwartungen, Elektroautos verkaufen sich schlechter als bei der Konkurrenz, und der chinesische Markt schwächelt. Die Strategie, vor allem auf teure Modelle zu setzen, scheint ins Leere zu laufen.
Gleichzeitig bleibt wenig Raum für Innovation. „Wir beschäftigen uns nur noch mit Kosten senken“, sagt ein Top-Manager. „Es gibt kaum Zeit für echte Fortschritte.“ Doch ohne Fortschritt bleibt Mercedes hinter der Konkurrenz zurück – ein riskantes Spiel.
Wie geht es weiter?
Die kommenden Monate werden zeigen, wie tief die Einschnitte wirklich gehen. Der Betriebsrat versucht, möglichst viele Arbeitsplätze bis 2035 zu sichern, doch dafür braucht es Kompromisse. Der Vorstand drängt auf schnellere Entscheidungen und niedrigere Kosten – koste es, was es wolle.
Für die Mitarbeiter ist die Situation ein Drahtseilakt. Viele hoffen auf transparente Lösungen, andere suchen bereits nach neuen Jobs.