Zölle auf Flugzeugteile – Tickets ohne Schutz
Donald Trump hat das Moratorium auf neue Zölle verkündet – und gleichzeitig den Zollhammer aufrechterhalten. Während Flugtickets selbst auf keiner Liste stehen, bleibt die Einfuhr jeder Menge Flugzeugteile weiterhin teuer.
25 Prozent Zoll auf Aluminium und Stahl, keine Ausnahme für die Luftfahrt – das ist die Realität in den USA. Für Airlines bedeutet das: Jedes Triebwerk, jede Tragfläche, jedes Ersatzteil wird zum Kostenfaktor. Und die Rechnung landet am Ende beim Kunden.
Was wie ein Randthema klingt, trifft die gesamte Luftfahrtbranche ins Mark – denn kaum ein Industrieprodukt ist global so kleinteilig organisiert wie ein Verkehrsflugzeug.
Eine Boeing 787 besteht aus über zwei Millionen Einzelteilen – und fast jedes davon überquert auf dem Weg zur Montage mehrere Landesgrenzen. Wer da glaubt, Zölle seien ein Thema für Handelspolitiker – irrt.
Flugzeugbau: Wenn jedes Teil zum Zollrisiko wird
Beispiel Boeing: Die Flügel kommen aus Japan, das Fahrwerk aus Großbritannien, die Klappen aus Kanada, Türen aus Frankreich. Die Komponenten reisen um die Welt, bevor sie im Werk Charleston (South Carolina) zusammengebaut werden.
Dank Trumps Zollpolitik fallen auf viele dieser Bauteile mehrfach Einfuhrabgaben an. Das Resultat: Ein einziges Langstreckenflugzeug kann um bis zu 40 Millionen Euro teurer werden – laut Schätzungen des Leasingkonzerns Aercap.
Für die Airlines ist das ein Desaster. Neue Flugzeuge sollen eigentlich dabei helfen, Treibstoff zu sparen, CO₂ zu senken und die Marge zu verbessern. Doch wenn die Beschaffung durch Zölle verteuert wird, kippt die Rechnung.
Delta-Chef Ed Bastian etwa kündigte an, geplante Airbus-Käufe im Zweifel zu verschieben – sofern es keine Zolllösung gibt.

Ryanair und Lufthansa besonders betroffen
Auch europäische Airlines bleiben nicht verschont. Lufthansa etwa wartet auf sieben Dreamliner, die sich durch die Zölle massiv verteuern. Ryanair trifft es sogar noch härter: Die Billigfluglinie hat über 180 Boeing-737-MAX bestellt.
Sollte der Zollstreit eskalieren, müsste sie für die nächsten 30 Maschinen allein rund 500 Millionen Euro an Einfuhrabgaben zahlen – so rechnet es der belgische Luftfahrtexperte Wouter Dewulf.
Und das ist nur die eine Seite. Denn nicht nur neue Flugzeuge, sondern auch Ersatzteile für den laufenden Betrieb werden durch Trumps Zölle teurer. Und bei denen gibt es keinen Aufschub, keine Verschiebung. Defekte Fahrwerke, Triebwerke oder Elektronik müssen ersetzt werden – egal zu welchem Preis.
Mehrkosten landen beim Passagier
Die große Frage: Wer zahlt das? Die Fluggesellschaften arbeiten traditionell mit niedrigen Margen – bei Lufthansa lag sie 2024 bei gerade einmal 3,5 Prozent.
Die Zielmarge liegt bei acht Prozent – doch die dafür nötigen Investitionen in neue Jets werden nun teurer. Gleichzeitig bleibt wenig Spielraum, um gestiegene Kosten zu kompensieren. Die naheliegende Lösung: Ticketpreise erhöhen.
Zwar gibt es Gegenkräfte. Der Ölpreis ist zuletzt gefallen, was die Kerosinkosten dämpft – ein erheblicher Kostenblock bei Fluggesellschaften. Doch ob diese Entlastung den Zollaufschlag aufwiegen kann, ist offen.
Und selbst wenn: Die Unternehmen dürften versucht sein, die günstigeren Kerosinkosten zur Verbesserung ihrer Marge zu nutzen – nicht zur Preissenkung für Kunden.
Ein geopolitisches Risiko für Geschäftsmodelle
Der Fall zeigt einmal mehr, wie stark internationale Geschäftsmodelle von politischer Stabilität abhängen. Airlines, Flugzeugbauer, Leasinggesellschaften – sie alle sind verwundbar, wenn Protektionismus zur Norm wird.
Die Investoren haben das Thema bislang kaum eingepreist. Dabei liegt die politische Eskalationsschwelle gefährlich tief: Trumps Moratorium gilt nur 90 Tage – und könnte jederzeit enden.
Auch Europa könnte Gegenzölle beschließen. Die WTO-Verfahren laufen. Und China hat angeblich bereits erste Airlines angewiesen, keine weiteren Boeing-Jets mehr abzunehmen. Der Handelskonflikt wird zur globalen Bedrohung für die Luftfahrtindustrie – und zur offenen Flanke für die wirtschaftliche Erholung nach Corona.
Was das für Anleger bedeutet
Fluglinien wie Ryanair, Delta oder Lufthansa könnten gezwungen sein, ihre Flottenplanung zu überdenken – oder ihre Preisstruktur. Flugzeugbauer wie Boeing und Airbus müssen mit einem Nachfrageknick rechnen, Leasinganbieter mit sinkender Marge. Und gleichzeitig steigen die politischen Risiken in der gesamten Lieferkette.
Für Anleger bedeutet das: Wer in Luftfahrtwerte investiert, sollte Zoll- und Lieferkettenrisiken künftig nicht mehr als Fußnote betrachten. Das gilt ebenso für institutionelle Investoren wie für ETF-Anbieter mit breiter Branchenabdeckung. Eine Neugewichtung von Exposure in der Luftfahrt erscheint vor diesem Hintergrund nicht nur als defensiver Schritt – sondern als ökonomische Notwendigkeit.
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