Die Ankündigung neuer Strafzölle auf chinesische Importe durch die US-Regierung hat bei Apple-Kunden in den Vereinigten Staaten für eine ungewöhnliche Kaufwelle gesorgt.
Wie Bloomberg berichtet, verzeichneten mehrere Apple-Stores am vergangenen Wochenende ein deutlich erhöhtes Kundenaufkommen. Grund dafür ist offenbar die Sorge vor spürbaren Preissteigerungen bei iPhones infolge der neuen Zollrunde.
Nach Einschätzung von Analysten könnte das aktuelle Verkaufsplus kurzfristig positiv auf die Absatzzahlen wirken. Gleichzeitig warnen sie jedoch vor mittelfristigen Belastungen für das Unternehmen.
Laut Jefferies werden derzeit rund 85 Prozent der iPhones in China gefertigt, die restlichen 15 Prozent in Indien. Die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Strafzölle von bis zu 54 Prozent auf Elektronikprodukte aus China würden Apple damit besonders stark treffen.
Vorzieheffekte bei iPhone-Käufen
Das aktuelle Käuferverhalten wird von Marktbeobachtern als klassischer Vorzieheffekt gewertet.
„Viele Kunden wollen sich noch zu den alten Preisen eindecken, bevor die erwarteten Preissteigerungen wirksam werden“, so Dan Ives, Analyst bei Wedbush Securities.
In einer Analyse beziffert Ives den potenziellen Preisaufschlag für ein vollständig in den USA produziertes iPhone auf rund 3.500 US-Dollar. Zum Vergleich: Das derzeitige iPhone 16 Pro Max kostet ab 1.199 US-Dollar.
Deutlich moderatere Aufschläge erwartet die UBS bei einer Verlagerung der Produktion nach Indien. In diesem Szenario wäre ein Preisaufschlag von 120 bis 350 US-Dollar je nach Modell zu erwarten.

Auch Rosenblatt-Analyst Barton Crockett rechnet mit einer Preissteigerung von etwa 40 Prozent, sofern Apple die Zölle vollständig an die Kunden weitergibt.
Lieferkette weiterhin stark abhängig von China
Obwohl Apple in den vergangenen Jahren begonnen hat, Teile seiner Produktion nach Indien und Vietnam zu verlagern, bleibt der Großteil der Lieferkette auf China konzentriert.
Die bestehenden Produktionsstandorte außerhalb Chinas verfügen bislang nicht über die Kapazitäten, die gesamte iPhone-Nachfrage zu bedienen. Eine vollständige Verlagerung der Fertigung, etwa in die Vereinigten Staaten, wäre laut Branchenexperten frühestens in mehreren Jahren umsetzbar – sofern überhaupt wirtschaftlich darstellbar.
„Die Produktionskosten in den USA sind im Vergleich zu China signifikant höher, sowohl bei Arbeitskräften als auch bei Infrastruktur und Logistik“, so Ives. „Ein Preis von 3.500 Dollar pro Gerät ist zwar theoretisch, aber ein realistischer Indikator für die Größenordnung.“
Börse reagiert verhalten positiv
Die Apple-Aktie zeigte sich am Montag nachbörslich leicht erholt. An der Nasdaq legte das Papier um 0,63 Prozent auf 182,61 US-Dollar zu. Auf Wochensicht summiert sich das Minus allerdings weiterhin auf 18,31 Prozent, was einem Verlust von über 600 Milliarden US-Dollar an Marktkapitalisierung entspricht.
Die kurzfristige Erholung wird von Analysten als Reaktion auf die gestiegene Nachfrage interpretiert, jedoch ohne Entwarnung für die kommenden Quartale. „Der Effekt ist temporär“, so Crockett. „Die grundlegenden Herausforderungen bleiben bestehen.“

Kritik an Zollpolitik nimmt zu
Die wirtschaftspolitische Debatte über die Sinnhaftigkeit der Zölle verschärft sich derweil weiter. Zahlreiche US-Ökonomen und auch Tech-Unternehmer wie Elon Musk hatten zuletzt öffentlich vor negativen Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit der US-Wirtschaft gewarnt.
Fondsmanager Bill Ackman bezeichnete die Zölle als „ökonomischen Selbstschuss“ und sprach von einem „großen Fehler, der auf falschen Annahmen basiert“.
Die US-Regierung hält dennoch an ihrem Kurs fest. Präsident Trump betonte mehrfach, dass die Zölle „Amerika reicher machen“ würden. Eine Atempause für neue Verhandlungen – wie von Unternehmern und Analysten gefordert – wurde von Regierungsseite bislang abgelehnt.
Kaufpanik mit begrenztem Nutzen
Die aktuelle Vorverlagerung von iPhone-Käufen sorgt für kurzfristige Umsatzeffekte, kann jedoch die strukturellen Herausforderungen nicht ausgleichen.
Die massive Abhängigkeit von chinesischen Produktionsstandorten, die fehlende Preiselastizität bei High-End-Modellen und die politisch getriebene Unsicherheit belasten den Konzern. Apple steht unter Druck – nicht wegen eines Innovationsproblems, sondern wegen einer geopolitischen Lage, die sich zunehmend wirtschaftlich auswirkt.
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