23. September, 2024

Märkte

Zinswende: Wohin mit dem Kapital?

Zinswende: Wohin mit dem Kapital?

Seit dem unerwarteten Zinsschritt der US-Notenbank Fed um 0,5 Prozentpunkte ist klar: Die Zinskurve dreht. Auch die EZB hat vor Mitte September bereits mehrfach den Leitzins gesenkt. Mit einem Einlagensatz von nun 3,5 Prozent steht ein neues Zinsregime bevor, das bei Anlegern viele Fragen aufwirft. Ali Masarwah, Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor, analysiert hierfür drei Thesen in Bezug auf das Investmentverhalten unter den neuen Marktbedingungen.

Kapital in Langläufer umschichten

Die letzten Jahre waren geprägt von einer inversen Zinskurve, die kurzfristige Anleihen attraktiver machte. Mit den fallenden Zinsen rückt nun der Fokus auf langfristige Anleihen. Diese könnten durch die Stabilisierung der Kurse von sinkenden Kurzfristzinsen profitieren. Während der lang ersehnte „Zins-Turbo“ vielleicht ausbleibt, bieten Langläufer eine solide Option in einem Umfeld sinkender Opportunitätskosten bei kurzfristigen Investments. Anleger sollten jedoch daran denken, dass niedrigere Zinsen irgendwann die Konjunktur anheizen, und die Notenbanken dann wieder gegensteuern könnten.

Wachstumsaktien gewinnen an Attraktivität

Sinkende Zinsen erhöhen den Wert zukünftiger Cashflows im Vergleich zu den heutigen. Das macht Unternehmen, die auf Wachstum setzen, besonders attraktiv. Nebenwerte und Technologiewerte aus der zweiten und dritten Reihe könnten überproportional profitieren. Dennoch bleibt die Lage facettenreich: Im dritten Quartal hatten viele Tech-Werte Rücksetzer, was teilweise auf die Sorge vor einer Rezession zurückzuführen ist. Unternehmen wie NVIDIA, ASML und Broadcom, die stark von der KI-Revolution profitieren könnten, haben ebenfalls Kursdellen erfahren. Etwaige Umschichtungen im Portfolio sollten wohlüberlegt sein, wobei Mischformen von klassischen Value- und Wachstumsbranchen sinnvoll sein können.

Chancen des Carry-Trades

Der bewährte Ansatz des Carry-Trades gewinnt im neuen Zinsumfeld wieder an Bedeutung. Hierbei wird Kapital von niedrig zinsenden in höher zinsende Währungsräume transferiert. Mit den sinkenden Zinsen in den USA und Europa könnten Hochzinsmärkte, insbesondere in den Emerging Markets, wieder stärker in den Fokus rücken. In den letzten Jahren haben Investoren hier Kapital abgezogen. Mit der Trendwende könnte ein positiver Momentum-Effekt entstehen, der sowohl Zinsdifferenz- als auch Wechselkursgewinne ermöglicht. Investments in Anleihenfonds und ETFs, die auf lokale Währungen in Emerging Markets setzen, erscheinen vielversprechend.

Die Zinslandschaft ist im Wandel, und mit ihr die Strategien für kluge Investments. Expertenmeinungen wie die von Ali Masarwah geben wertvolle Hinweise für die Orientierung im neuen Marktumfeld.