27. November, 2024

Märkte

Zinsstreit in der EZB: Kommt die große Senkung oder nicht?

Widersprüchliche Signale aus der Europäischen Zentralbank verunsichern die Märkte. Während einige Ratsmitglieder eine deutliche Zinssenkung fordern, warnen andere vor vorschnellen Entscheidungen.

Zinsstreit in der EZB: Kommt die große Senkung oder nicht?
Das EZB-Ratsmitglied Robert Holzmann sieht die wirtschaftlichen Daten als zu schwach, um eine Senkung um 0,50 Prozentpunkte zu rechtfertigen. Er plädiert für eine vorsichtigere Reduktion.

Die Europäische Zentralbank (EZB) steht vor einer ihrer schwierigsten Entscheidungen des Jahres. Die anstehende Zinssitzung im Dezember könnte den nächsten großen Schritt in der europäischen Geldpolitik bringen – oder auch nicht.

Denn aus den Reihen der EZB kommen widersprüchliche Aussagen zur möglichen Höhe der Zinssenkung. Während Ratsmitglied Robert Holzmann eine moderate Reduktion favorisiert, zeigt sich der portugiesische Notenbankchef Mario Centeno offen für einen größeren Zinsschritt um 0,50 Prozentpunkte.

Robert Holzmann: Vorsicht ist geboten

Holzmann, der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, spricht sich klar gegen eine große Zinssenkung im Dezember aus. "Die aktuellen Daten rechtfertigen keine deutliche Verringerung," erklärte er in einem Interview mit CNBC. Für ihn wäre eine Reduzierung um 0,25 Prozentpunkte die angemessenere Reaktion auf die wirtschaftliche Lage.

Holzmann warnt vor einer zu aggressiven Zinspolitik, die die Märkte unnötig destabilisieren könnte. Gleichzeitig macht er jedoch deutlich, dass innerhalb der EZB unterschiedliche Meinungen herrschen und einige Ratsmitglieder durchaus einen größeren Zinsschritt fordern könnten.

Inflation sinkt auf 1,7 Prozent: Erstmals seit Jahren liegt die Inflation in der Eurozone unter der EZB-Zielmarke von zwei Prozent – ein Schlüsselfaktor in der Debatte um mögliche Zinssenkungen.

Mario Centeno: Die Konjunktur spricht für 0,50 Prozent

Im Gegensatz zu Holzmann plädiert Mario Centeno für eine entschlossenere Reaktion. Der Gouverneur der portugiesischen Notenbank sieht die wirtschaftlichen Daten als ausreichende Grundlage, um den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte zu senken.

Centeno betont, dass die Inflation deutlich gesunken sei und sich sowohl die allgemeine als auch die Kerninflation stabilisiert hätten. "Die Teuerung liegt so nahe an unserem Ziel von zwei Prozent, wie es nur möglich ist", erklärt Centeno. Diese Entwicklung bietet der EZB Spielraum, die Zinsen schneller zu senken, ohne die Inflation weiter anzuheizen.


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Der Zinsstreit und die wirtschaftliche Unsicherheit

Die unterschiedlichen Ansichten innerhalb der EZB spiegeln die wirtschaftliche Unsicherheit wider, die derzeit in der Eurozone herrscht. Die Inflationsrate ist im September auf 1,7 Prozent gefallen und liegt damit erstmals seit Jahren unter der von der EZB angepeilten Marke von zwei Prozent.

Gleichzeitig haben enttäuschende Konjunkturdaten und eine Abkühlung der Wirtschaft in vielen Euro-Ländern den Druck auf die Notenbank erhöht, die Zinsen weiter zu senken, um das Wachstum zu stützen.

Der portugiesische Notenbankchef Mario Centeno spricht sich für eine deutliche Senkung der Zinsen aus und sieht die niedrige Inflation als Gelegenheit für einen größeren Zinsschritt.

Doch nicht alle sind überzeugt, dass eine große Zinssenkung der richtige Schritt ist. Bundesbankpräsident Joachim Nagel äußerte sich ebenfalls skeptisch. "Wir leben in einem sehr unsicheren Umfeld, also müssen wir die neuen Daten abwarten und dann entscheiden," so Nagel. Er warnt davor, die Flexibilität der EZB durch vorzeitige Festlegungen einzuschränken.

Hintergrund: Mehrere Zinssenkungen bereits erfolgt

Die EZB hat in diesem Jahr bereits dreimal die Zinsen gesenkt, zuletzt um 0,25 Prozentpunkte im Oktober. Die Frage, ob die Geldpolitik der EZB noch expansiver gestaltet werden sollte, spaltet Ökonomen und Marktbeobachter.

Während einige auf eine baldige Stabilisierung der Inflation hoffen, sehen andere die Gefahr, dass zu schnelle Zinssenkungen den Spielraum der EZB in zukünftigen Krisen stark einschränken könnten.

Kommt die 0,50-Prozent-Senkung?

Es bleibt unklar, ob die EZB tatsächlich einen Zinsschritt von 0,50 Prozentpunkten beschließen wird. Die Signale aus der Notenbank sind widersprüchlich, und die endgültige Entscheidung wird stark von den wirtschaftlichen Entwicklungen der kommenden Wochen abhängen.

Vor allem die Konjunkturdaten aus der Eurozone werden entscheidend sein, da sie der EZB die nötige Klarheit verschaffen könnten, wie aggressiv sie in ihrer Geldpolitik agieren sollte.