19. September, 2024

Unternehmen

Zielt Mercedes mit aggressiver Strategie auf BMW-Kunden?

Mercedes-Benz nutzt die aktuellen Lieferprobleme von BMW aus, um gezielt Kunden abzuwerben. Ein internes Schreiben zeigt, wie der Stuttgarter Autobauer die Schwäche des Rivalen für sich nutzen will.

Zielt Mercedes mit aggressiver Strategie auf BMW-Kunden?
Technische Schwierigkeiten mit einem Bremssystem führen zu massiven Lieferverzögerungen bei den Münchnern.

Mercedes-Benz greift an – und zwar genau da, wo es BMW aktuell weh tut. Der Münchner Autobauer kämpft mit erheblichen Lieferverzögerungen, ausgelöst durch Probleme mit einem Bremssystem des Zulieferers Continental.

BMW droht Milliardenverlust: Bremssystem in der Kritik
BMW kämpft mit massiven Problemen am Bremssystem und schwächelnden Absatzzahlen in China. Der Münchner Autobauer korrigiert seine Prognose drastisch nach unten – mehr als 1,5 Millionen Fahrzeuge sind betroffen.

Ein vertrauliches Schreiben zeigt nun, dass Mercedes plant, diese Schwäche auszunutzen und gezielt BMW-Kunden abzuwerben. Offiziell gibt man sich zurückhaltend, doch hinter den Kulissen wird bereits die Offensive gestartet.

Quelle: Eulerpool

"Nicht erfreut" – aber doch bereit zum Angriff

In dem internen Schreiben, das uns vorliegt, richten sich zwei hochrangige Mercedes-Manager direkt an die Vertriebsdirektoren und Verkaufsleiter.

Der Ton wirkt zu Beginn noch diplomatisch:

„Wir von Mercedes-Benz erfreuen uns nicht an den Problemen unserer Wettbewerber“, heißt es dort.

Doch was folgt, ist eine klare Handlungsanweisung: Man solle „sicherstellen, dass alle Kunden mobil bleiben“ und gezielt auf Wettbewerbsfahrer zugehen, um ihnen Angebote aus dem Mercedes-Portfolio zu unterbreiten.

Mercedes will die Lieferprobleme von BMW gezielt für die eigene Kundenakquise nutzen.

Der Subtext ist eindeutig: BMW hat Probleme, also nutzt die Gunst der Stunde. Mercedes sieht in den Lieferengpässen seines Konkurrenten die perfekte Gelegenheit, um Marktanteile zu gewinnen.

Der Plan: BMW-Kunden gezielt ansprechen

Der Inhalt des Schreibens ist unmissverständlich: Vertriebsmitarbeiter sollen ihre Kundendatenbanken durchforsten und aktiv auf potenzielle Käufer zugehen, die derzeit auf ein BMW-Modell warten.

Ein Vertriebsmitarbeiter kritisierte die Scheinheiligkeit des Schreibens: „Es heißt zwar, wir erfreuen uns nicht an den Problemen von BMW, aber genau das tun wir offensichtlich.“

BMW kämpft mit massiven Lieferverzögerungen

Hintergrund des Ganzen sind massive Lieferprobleme bei BMW. Der Münchner Hersteller hat derzeit Schwierigkeiten, viele seiner Neuwagen auszuliefern.

Quelle: Eulerpool

Grund dafür sind technische Probleme mit einem Bremssystem von Zulieferer Continental. Zahlreiche Fahrzeuge können deshalb nicht an Kunden übergeben werden – eine Situation, die Mercedes-Benz nun offenbar strategisch ausnutzen will.

Mercedes' Ansatz sorgt für Unmut – auch intern

Während Mercedes offiziell betont, im Sinne der Kunden zu handeln, sehen das einige Händler anders. „Das ist keine saubere Sache“, kommentiert ein Vertriebspartner von Mercedes die Situation. „Wir sollen gezielt bei der Konkurrenz wildern, obwohl wir offiziell die hehren Ziele verfolgen, den Markt stabil zu halten.“ Die Kritik innerhalb des eigenen Lagers zeigt, wie umstritten die Strategie ist.

Ein anderer Partner sagte:

„Natürlich geht es im Vertrieb darum, Kunden zu gewinnen, aber das hier ist schon eine Nummer zu direkt. Es wirkt einfach schäbig, einen solchen Vorteil aus den Problemen eines Konkurrenten zu ziehen.“

Mercedes sieht keinen Fehler im Vorgehen

Mercedes selbst wiegelt ab. Auf Anfrage erklärte ein Sprecher des Unternehmens, dass Kundenakquise ein branchenüblicher Vorgang sei. „Es gehört zum Kerngeschäft eines jeden Vertriebspartners, seinen Kunden jederzeit passende Angebote unterbreiten zu können.“ Eine moralische Schieflage sehe man bei Mercedes nicht.

Doch die Kritik bleibt bestehen, vor allem bei den Mercedes-Händlern, die sich nicht wohl dabei fühlen, so direkt von den Schwierigkeiten des Rivalen zu profitieren. Ein Händler fasste es treffend zusammen: „Das könnte uns auch eines Tages passieren, und dann möchte ich nicht, dass die Konkurrenz genauso mit uns verfährt.“