16. April, 2025

Unternehmen

Zerschlagung oder Zeitenwende? – Meta vor Gericht

Die US-Regierung will Instagram und WhatsApp aus dem Meta-Konzern reißen. Der Prozess gilt als einer der folgenreichsten Wettbewerbsverfahren des Jahrzehnts – nicht nur für Silicon Valley.

Zerschlagung oder Zeitenwende? – Meta vor Gericht
Vor Gericht: Die US-Regierung will Meta zwingen, Instagram und WhatsApp abzuspalten. Beide Plattformen haben jeweils über zwei Milliarden aktive Nutzer – und bilden den Kern von Metas Werbegeschäft.

Das Imperium vor dem Richter

Es ist das erste Mal, dass die US-Regierung ernsthaft versucht, das erfolgreichste Social-Media-Konglomerat der Welt zu zerschlagen. Seit Montag läuft in Washington das Verfahren Federal Trade Commission v. Meta Platforms – und es geht nicht um Geldstrafen oder Symbolpolitik.

Es geht ums Eingemachte: Die FTC will Meta zwingen, sich von Instagram und WhatsApp zu trennen. Zwei Produkte, zwei Milliarden Nutzer – pro Plattform.

Ein juristisches Erdbeben droht. Und ein Präzedenzfall, der weit über Mark Zuckerbergs Konzern hinausstrahlen könnte.

Die späte Reue der Wettbewerbshüter

Als Meta 2012 Instagram und 2014 WhatsApp übernahm, nickte die US-Wettbewerbsaufsicht die Deals ab. Die Kritik kam spät – aber gewaltig. Heute sieht die FTC in den Fusionen eine gezielte Strategie: „Buy or bury“, kaufen oder beerdigen.

Gemeint ist: Facebook habe systematisch Wettbewerber ausgeschaltet, um seine Vormachtstellung zu sichern. Statt Innovation, so die Argumentation, sei Meta vor allem an Marktabschottung interessiert gewesen.

Was damals durchgewunken wurde, soll nun rückabgewickelt werden – mehr als ein Jahrzehnt später. Das ist nicht nur rechtlich heikel. Es stellt auch die Frage: Wann ist ein Deal eigentlich abgeschlossen?

Zuckerberg, Sandberg, Mosseri – und der Druck der Bühne

In den nächsten Wochen sollen alle großen Namen aussagen: Meta-CEO Mark Zuckerberg, Ex-COO Sheryl Sandberg, Instagram-Chef Adam Mosseri. Der öffentliche Druck ist enorm.

Die politische Stimmung ebenfalls. Und Meta steht vor dem Spagat, sich gleichzeitig als wettbewerbsoffen und innovativ zu inszenieren – und zugleich den Status quo nicht zu verlieren.

Das zentrale Argument der Meta-Verteidigung: Man sei längst nicht mehr Monopolist. TikTok, YouTube, X (ehemals Twitter), iMessage – die Konkurrenz sei heute größer als je zuvor. Kein User, so der Konzern, sei gezwungen, bei Meta zu bleiben.

Eine politische Dimension, die kaum einer ausspricht

Offiziell geht es um Wettbewerb. Inoffiziell auch um Macht. Meta ist nicht nur ein Unternehmen, sondern eine globale Plattform für Meinungen, Werbung, Wahlkampf.

Und die politische Nähe zu Donald Trump hat zuletzt für Unbehagen gesorgt. Nach der Suspendierung seiner Accounts 2021, seiner Reaktivierung 2023 und einer Spendensumme von einer Million Dollar für Trumps zweite Amtseinführung im Januar 2025 ist klar: Meta ist kein unbeteiligter Beobachter, sondern ein Akteur.

Dass Mark Zuckerberg inzwischen regelmäßig im Weißen Haus ein- und ausgeht, wird in Washington registriert – auch von der Justiz. Die Meta-Klage ist nicht nur ein wirtschaftliches Verfahren, sondern auch ein politisches Statement.

Die stille Ironie: Ein Präzedenzfall, der Silicon Valley spaltet

In der Tech-Welt herrscht ambivalente Stille. Viele Unternehmen beobachten den Fall mit nervösem Interesse – denn das Urteil könnte als Blaupause dienen. Wer heute einen Konkurrenten übernimmt, könnte morgen selbst zur Zielscheibe werden.

Auch Google, Amazon und Apple führen Übernahmen durch, die langfristig dominante Strukturen erzeugen. Und die US-Kartellbehörden sind inzwischen deutlich aggressiver unterwegs als noch vor wenigen Jahren.

Die Botschaft an den Markt lautet: Größe schützt nicht mehr. Und auch Altentscheidungen lassen sich revidieren, wenn die politische Großwetterlage kippt.

Was auf dem Spiel steht

Für Meta steht nicht weniger als die strategische Architektur des Konzerns auf dem Prüfstand. Instagram und WhatsApp sind nicht nur Produkte – sie sind die Cashcow, die Wachstumsmaschine, das Fundament für Werbeeinnahmen und Nutzerdaten. Eine Zerschlagung würde Meta zurückwerfen – technisch, wirtschaftlich, und vermutlich auch an der Börse.

Gleichzeitig wäre sie ein politisches Signal von historischer Tragweite. Zum ersten Mal seit der AT&T-Zerschlagung in den 1980er Jahren könnte ein US-Konzern zu einer radikalen Umstrukturierung gezwungen werden – wegen zu großer Marktmacht.

Meta auf der Anklagebank – und die Branche hält den Atem an

Was heute im Gerichtssaal in Washington beginnt, könnte den Tech-Sektor der kommenden Jahre prägen. Der Meta-Prozess ist mehr als nur eine Abrechnung mit vergangenen Fusionen. Er ist ein Kampf um Deutungshoheit, Marktordnung und die Frage, ob demokratische Gesellschaften in der Lage sind, digitalen Giganten Grenzen zu setzen.

Die Richterverhandlung beginnt – doch das Urteil wird weit über den Gerichtssaal hinaus vernommen werden.

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