Optimismus ja, Euphorie nein
Nach Wochen geopolitischer Unsicherheiten, steigender Inflationserwartungen und einem wankenden Vertrauen in die globale Konjunktur signalisiert der Markt: Es geht aufwärts – vorerst.
Der Dax hat am Donnerstag die psychologisch wichtige Schwelle von 22.000 Punkten überschritten. Und das, obwohl Anleger gleichzeitig auf ein ganzes Bündel von Risiken blicken. Entscheidend ist, was jetzt aus den USA kommt – wirtschaftlich, politisch und psychologisch.
1. Wall Street auf Erholungskurs – doch wie lange noch?
Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq feiern Comebacks, die sich sehen lassen können. Tech-Werte legen kräftig zu, angeführt von Hoffnung auf Entspannung im US-Zollstreit mit China.
Doch das Fundament ist brüchig: Ein Tweet von Trump genügt, und die Stimmung kippt. Die Wall Street bewegt sich derzeit weniger entlang fundamentaler Daten als entlang diplomatischer Gerüchte.
2. Asien folgt den USA – aber nur zögerlich
Während Japan mit starken Zuwächsen bei Nikkei und Topix glänzt, bleibt Chinas Börse zurückhaltend. Ein Warnsignal: Der CSI 300, der die wichtigsten Unternehmen Chinas abbildet, steigt kaum.
Investoren bleiben skeptisch – nicht zuletzt wegen schwacher Wirtschaftsdaten und der Sorge vor möglichen Repressalien in einem weiter schwelenden Handelskonflikt.

3. Japanische Inflation überrascht – und weckt alte Geister
3,4 Prozent Teuerung in Tokio – ein Wert, den Japan lange nicht gesehen hat. Für eine Volkswirtschaft, die zwei Jahrzehnte an Deflation laborierte, ist das ein Schock.
Die Bank of Japan steht nun vor einem Dilemma: Zieht sie an der Zinsschraube, riskiert sie die zarte Erholung. Tut sie nichts, riskiert sie einen Vertrauensverlust bei den internationalen Investoren. Für globale Anleihemärkte ist das ein unterschätzter Risikofaktor.
4. Abbvie: Auf der Suche nach dem nächsten Blockbuster
Der US-Pharmariese präsentiert Zahlen – und gibt gleich eine Warnung aus. 248 Millionen Dollar an Übernahmekosten drücken auf die Bilanz.
Seit dem Auslaufen des Humira-Patents sucht der Konzern nach neuer Dynamik. Anleger sehen ein Portfolio im Umbau, aber ohne klare Wachstumsstory. Wer investiert, braucht Geduld – und starke Nerven.
5. Berichtssaison im Nebenwertesegment – die leisen Töne zählen
Ob Südzucker, SKF oder Atoss Software – viele kleinere Konzerne melden heute Zahlen.
Gerade hier lassen sich oft stille Trends entdecken, die große Kreise ziehen: Steigende Inputkosten, sinkende Margen, schwindende Nachfrage im Industriegeschäft. Wer genau liest, erkennt an den Rändern, wohin sich die Konjunktur wirklich bewegt.
6. Bayer: Hauptversammlung mit Sprengstoff
Der Dax-Konzern lädt zur Hauptversammlung – in einem Jahr, das sich kaum schwärzer malen ließe. Glyphosat, Umbau, Kapitalbedarf: Die Probleme sind bekannt, die Lösungen vage.
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Nun will das Management frisches Kapital – und braucht dafür den Segen der Aktionäre. Die Frage: Wie viel Vertrauen ist noch da? Und wann platzt die Geduld?
7. US-Verbraucher im Fokus – die gefährlichste Zahl des Tages
Verbrauchervertrauen und Inflationserwartungen stehen heute im Mittelpunkt. Die Universität Michigan veröffentlicht ihren Index – ein Frühindikator mit Signalwirkung.
Prognosen gehen von fallendem Vertrauen aus, während die Inflationserwartung bei satten 4,4 Prozent liegt – weit entfernt vom Ziel der Fed. Das ist brisant: Steigen die langfristigen Erwartungen weiter, muss die US-Notenbank handeln. Und das wäre Gift für die Märkte.