Der G20-Gipfel in Rio de Janeiro bot eine Bühne für ein bemerkenswertes und etwas frostiges Aufeinandertreffen zwischen Chinas Staatschef Xi Jinping und dem britischen Premierminister Sir Keir Starmer. Mit einer kurzen und angespannten Geste signalisierte Xi eine düstere Atmosphäre, indem er Starmer zum Verhandlungstisch wies. Dieser Moment spiegelte die durchaus getrübten Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und China wider. Nach einer pandemiebedingten Pause gab es bereits Treffen zwischen Xi und den Führern der anderen G7-Länder. Doch Stamers Besuch markierte das erste Treffen mit einem britischen Staatsoberhaupt seit 2018. Die fehlende Kontinuität in der britischen China-Politik war bislang offensichtlich, doch die derzeitige Labour-Regierung hofft auf einen Neuanfang. Starmer strebt eine 'ernsthafte und pragmatische' Beziehung zu China an und äußerte den Wunsch nach einem umfassenden bilateralen Treffen in naher Zukunft. Während Starmer sich darum bemüht, Großbritannien als zuverlässigen und rechtsstaatlich orientierten Akteur zu positionieren, sieht er sich mit Herausforderungen konfrontiert, insbesondere im Hinblick auf eine potentiell aggressivere Haltung einer neuen Trump-Administration gegenüber China. Das Vereinigte Königreich muss dringend seine eigenen Prioritäten und Interessen definieren, insbesondere in der Frage, welche 'roten Linien' in den Beziehungen zu Peking gezogen werden sollten. Ein unerlässlicher Bestandteil der neuen Strategie ist eine klare Definition der Bedingungen, unter denen britische und chinesische Unternehmen miteinander agieren können. In diesem Zusammenhang wird in London momentan ein 'China-Audit' durchgeführt, um die Herausforderungen und Chancen besser zu verstehen. Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Frage, wie viel Abhängigkeit von chinesischer Infrastruktur vertretbar ist, vor allem angesichts der technologischen Stärken Chinas in Bereichen wie Wind- und Solarenergie. Im Hinblick auf technologische Abhängigkeiten und Sicherheitsaspekte stehen die Briten vor schwierigen Entscheidungen. Vergangenes Ungemach, wie der teure Rückzug von Huawei aus britischen 5G-Netzwerken unter US-Druck, zeigt, dass klare Vorgaben unverzichtbar sind. Speziell die Technologie rund um die 'cellular modules', die anfällig für Malware sind, erfordert sorgfältiges Abwägen. Auch Menschenrechtsfragen sind von zentraler Bedeutung. Starmer nutzte das Treffen, um die Situation des inhaftierten Hongkonger Demokratieaktivisten Jimmy Lai zu betonen, dessen Freilassung eine Priorität seines Kabinetts darstellt. Diese Differenzen wurden durch die Verurteilung von 45 führenden Pro-Demokratie-Aktivisten in Hongkong verdeutlicht und heben die unterschiedlichen Wertevorstellungen der beiden Nationen hervor. Indem das Vereinigte Königreich versucht, seine Handelsbeziehungen zu China zu bewahren, ohne dabei seine nationalen Sicherheitsinteressen und Werte zu kompromittieren, könnte es Starmer gelingen, die britisch-chinesischen Beziehungen auf eine vorhersehbare und konsistente Basis zu stellen.