29. November, 2024

Reichtum

Wohnungsnot als Designfrage: Kreativkollektiv Dopo beleuchtet die Kehrseite der Mailänder Möbelmesse

Wohnungsnot als Designfrage: Kreativkollektiv Dopo beleuchtet die Kehrseite der Mailänder Möbelmesse

In Mailand, einer Stadt mit rund 1,35 Millionen Einwohnern, vollzieht sich ein bemerkenswerter Vorgang im Vorfeld des Salone del Mobile, der alljährlich stattfindenden Möbelmesse. Plötzlich sind Social-Media-Plattformen wie Facebook und Instagram überschwemmt mit Angeboten für Privatzimmer und ganze Wohnungen, die für mehrere Hundert Euro pro Nacht feilgeboten werden. Unmittelbar bevor die Pforten der Messe in Fiera Milano am Rande der Stadt öffnen, räumen Einwohner ihre Häuser und schaffen Platz für die mehr als 300.000 Besucher, die jedes Jahr im April in die Stadt strömen.

Salvatore Peluso, 34, Mitbegründer von Dopo, einem kreativen Raum und Kulturzentrum in Corvetto, einem südöstlichen Viertel Mailands, zeigt sich von diesem Phänomen der temporären Stadtflucht zur Messezeit fasziniert. Die Mailänder Designwoche nutzt Dopo, um mit der Ausstellung „Runaways“ die brisante Thematik des städtischen Wohnraums zu ergründen. Junge Designer erschaffen eine Wohnstätte, die während der Veranstaltung als echte temporäre Unterkunft dient.

Dopo, benannt nach den nach dem Arbeitstag organisierten Sozialklubs "dopolavoro", hat seinen Sitz in einem ehemaligen Lagerhaus am Ende einer Sackgasse in einem industriellen Viertel. Die Begründer des 2022 ins Leben gerufenen Kollektivs sind neben dem Architekten Salvatore Peluso, die Journalistin und Forscherin Bianca Felicori, sowie die Architekten Carlotta Franco, Grazia Mappa und Gabriele Leo. Hinzu kommen drei Mitglieder des Designstudios Parasite 2.0: Luca Marullo, Eugenio Cosentino und Stefano Colombo. Neben der Nutzung als gemeinsame Studiofläche fungiert der Raum das Jahr über auch als Veranstaltungsort für Ausstellungen und Feierlichkeiten.

Die Kuration der Ausstellung sah in der "Designwochen-Migration" ein Abbild größerer Problematiken in Bezug auf die prekäre Wohnsituation in Mailand. Eine Studie der Immobilienfirma Abitare zeigt, dass die Mietpreise für möblierte Zwei-Zimmer-Wohnungen während der Designwoche um 245 Prozent ansteigen. Insbesondere im noblen Stadtteil Brera, dem Sitz vieler exklusiver Design-Showrooms, können die Kosten für eine Wohnung in dieser Woche auf durchschnittlich 7.000 Euro anwachsen.