Die Krise im deutschen Wohnungsbau zeigt auch nach fast drei Jahren kaum Anzeichen einer Erholung. Laut der aktuellen Konjunkturumfrage des Ifo-Instituts berichtet eine Rekordzahl von 57 Prozent der Wohnungsbaufirmen von fehlenden Aufträgen. Eine Besserung der Lage ist auf absehbare Zeit nicht zu erwarten, denn die Unternehmen blicken mit Pessimismus auf die kommenden Monate. Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen, beschreibt die gegenwärtige Situation bildhaft als 'Normalzustand'. Der Wohnungsbau erlebte seine dramatischsten Einbrüche ab Frühjahr 2022, mit dem Tiefpunkt im letzten Jahr. Obwohl eine gewisse Stabilität erreicht wurde, bleibt der Ifo-Geschäftsklimaindex tief im Minus bei 43,2 Punkten, was einen Rückgang im Vergleich zum Vormonat bedeutet. Zwar zeigt sich bei der Bewertung der aktuellen Geschäftslage eine leichte Erholung, doch die Zukunftsprognosen bleiben düster. Die Misere in der Branche ist nicht auf eine fehlende Nachfrage zurückzuführen. Vielmehr sind es die Rahmenbedingungen wie die hohen Baukosten, die Investitionen unattraktiv machen. Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, betont die Herausforderung, optimistisch zu bleiben: Besonders in Großstädten ist die Wohnungsnot akut, sodass etwa im Jahr 2022 mehr als 75.000 Menschen nach Berlin zogen, aber nur 15.000 neue Wohnungen entstanden. Die bestehende Kluft zwischen der starken Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum und dem knappen Wohnungsangebot verspricht soziale Spannungen. Die Berliner Ampel-Koalition hatte sich einst 400.000 Neubauten pro Jahr zum Ziel gesetzt, jedoch konnten 2023 nur etwa 300.000 realisiert werden. Prognosen des Ifo-Instituts und des europäischen Bauforschungsnetzwerks Euroconstruct lassen befürchten, dass diese Zahl bis 2026 auf weniger als 200.000 neue Wohnungen sinkt.
Wirtschaft
Wohnungsbaukrise in Deutschland: Ein Normalzustand?
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