Die Zukunft der deutschen Wirtschaft steht an einem kritischen Punkt, betont Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Mit einem klaren Signal müsse die künftige Regierung der Abwanderung deutscher Unternehmen entgegenwirken. Besonders für den Mittelstand sei jetzt eine richtungsweisende Veränderung notwendig, um das Vertrauen der Wirtschaft in die Politik wiederherzustellen.
Ein zentraler Ansatzpunkt sieht Krämer im Bürokratieabbau, welcher nicht nur kostengünstig, sondern auch sofort umsetzbar sei. Die Abschaffung des deutschen Lieferkettengesetzes oder die Reduzierung der Berichtspflichten in Sachen Nachhaltigkeit könnten wichtige Schritte sein, um den wirtschaftlichen Standort zu stärken und Investitionen in Deutschland zu fördern.
Allerdings dürfte die Zusammenarbeit zwischen potenziellen Regierungspartnern, der Union und der SPD, eine Herausforderung darstellen. Trotz Einigkeit bei Infrastrukturausgaben bleiben große Differenzen insbesondere bei Themen wie Steuerpolitik, Bürgergeld und Schuldenbremse bestehen. Diese Unstimmigkeiten erschweren einen potenziellen Neustart in der Wirtschaftspolitik erheblich.
Ein entscheidender Punkt bleibt die Finanzierungspolitik. Während Mehrausgaben in der Verteidigungspolitik kaum durch Einsparungen kompensiert werden können, wird die Diskussion um die Schuldenbremse zum Zankapfel politischer Debatten. Mögliche Lockerungen stoßen besonders bei Union und Grünen auf unterschiedliche Meinungen, während die Linken sich offen für Reformen zeigen.
Trotz der Unsicherheiten sieht Krämer positive Zeichen am Horizont: Nach einer zweijährigen Rezession verbessert sich das internationale wirtschaftliche Umfeld allmählich. Steigende Auftragszahlen aus dem Ausland und sinkende Energiepreise bieten Unterstützung, doch bleibe das erwartete Wachstum für das laufende Jahr mit 0,2 Prozent bescheiden. Kritisch betrachtet Krämer die sich seit den Merkel-Jahren verschlechternden Rahmenbedingungen, welche weiterhin eine Hürde für den wirtschaftlichen Aufschwung darstellen.