Das Drama um den Zusammenbruch von Wirecard erreicht eine neue Dimension:
Bilanzprüfer EY sieht sich gleich zwei Klagen gegenüber. Insolvenzverwalter Michael Jaffé und die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) setzen EY mit Schadenersatzklagen unter Druck. Ein düsteres Kapitel im Wirecard-Skandal wird erneut aufgeschlagen, und EY muss sich für seine Rolle vor Gericht verantworten.
Was ist die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapiertbesitz (DSW)?
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) wurde 1947 gegründet und zählt zu den maßgeblichen Aktionärsvereinigungen im deutschsprachigen Raum.
Mit über 30.000 Mitgliedern, darunter private Kleinanleger und institutionelle Investoren, setzt sich die DSW intensiv für die Rechte der Anleger ein. Ihr Fokus liegt auf der Förderung von Transparenz und Schutz auf den Finanzmärkten.
Die Organisation engagiert sich in der Unternehmensmitbestimmung, unterstützt bei Hauptversammlungen und fördert verantwortungsvolle Unternehmensführung.
Zusätzlich nimmt die DSW an gesetzgeberischen Diskussionen teil, um die Interessen der Aktionäre auf politischer Ebene zu vertreten. Insgesamt spielt die DSW eine bedeutende Rolle in der Sicherung der Anlegerrechte und der Integrität der Finanzmärkte.
Vor dem Landgericht Stuttgart zieht Insolvenzverwalter Michael Jaffé nun gegen EY ins Feld. Ohne konkrete Details zu nennen, fordert er Schadenersatz für den Zusammenbruch des Finanzkonzerns Wirecard.
Jaffé ist überzeugt, dass entscheidende Teile von Wirecards Geschäftsfeldern reine Erfindungen waren, und macht EY für diese Katastrophe mitverantwortlich.
Gleichzeitig reicht die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) ihre Schadenersatzklage beim Landgericht München ein.
In einer gewaltigen Forderung von über 700 Millionen Euro, vorgetragen von mehr als 13.000 institutionellen und privaten Investoren, richtet sich die DSW gegen EY.
Der Schriftsatz dieser Klage umfasst beeindruckende 80.000 Seiten und markiert einen weiteren Schlag gegen den Bilanzprüfer.
Gläubiger werfen EY vor, Wirecard groß gemacht und die Bilanztricks des Konzerns ignoriert zu haben. Doch EY bleibt vorerst stumm und kommentiert die Klagen nicht.
Insolvenzverwalter Jaffé gibt Einblicke in seine Überlegungen vor der Klage. Er hatte versucht, in einem Gespräch mit EY eine streitige Auseinandersetzung zu verhindern, doch das Unternehmen wies jede Verantwortung von sich und zeigte sich nicht verhandlungsbereit.
Jaffé ist überzeugt, dass EY einen Beitrag zum Wirecard-Desaster geleistet hat und fordert nun vor Gericht Genugtuung.
Fast zeitgleich setzt die DSW einen weiteren Angriffspunkt. Mit einem niederländischen Stiftungsmodell und britischen Prozessfinanzierern im Rücken gehen die Investoren risikofrei vor.
Das Kostenrisiko tragen sie nicht, sondern nur im Erfolgsfall wird ein Teil des erzielten Erlöses weitergereicht. Die DSW will eine zügige und sachgerechte Erledigung der Angelegenheit erreichen, während EY vor einem weiteren Prüfstand steht.
Der Wirecard-Skandal
Der Wirecard-Skandal, der im Juni 2020 ans Licht kam, markiert einen der größten Finanzskandale der deutschen Geschichte. Der ehemals als Erfolgsstory gefeierte Zahlungsdienstleister meldete Insolvenz an, nachdem 1,9 Milliarden Euro, die angeblich auf Treuhandkonten lagerten, nicht nachweisbar waren. Die involvierten Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young (EY) stehen im Mittelpunkt von Ermittlungen und Klagen wegen angeblicher Vernachlässigung ihrer Prüfungspflichten. Der Skandal enthüllte eklatante Mängel in der Unternehmensführung, der Finanzaufsicht und im deutschen Finanzsystem insgesamt.
Die Bilanzprüferaufsicht Apas hatte im April 2023 bereits harte Strafen gegen EY ausgesprochen, darunter ein Prüfungsmandatsverbot von zwei Jahren für Unternehmen von öffentlichem Interesse und eine Geldstrafe in Höhe von 500.000 Euro.
Die Untersuchung der Apas ergab, dass EY fahrlässig, wenn auch nicht vorsätzlich, gegen Berufspflichten verstoßen hatte.
Der Wirecard-Skandal, eine Achterbahnfahrt der Finanzwelt, ist noch lange nicht zu Ende.