15. Januar, 2025

Wirtschaft

Wirecard-Prozess: Verfahren wird deutlich länger dauern als geplant

Wirecard-Prozess: Verfahren wird deutlich länger dauern als geplant

Der Wirecard-Prozess, der den größten Bilanzbetrugsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte zum Thema hat, wird voraussichtlich fast doppelt so lange dauern wie ursprünglich geplant. Die vierte Strafkammer des Landgerichts München I hat 86 zusätzliche Verhandlungstage festgelegt, die bis zum 19. Dezember dieses Jahres stattfinden sollen. Dies teilte ein Sprecher des Gerichts auf Anfrage mit.

Seit dem 8. Dezember 2022 läuft bereits der Prozess gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Markus Braun, den Kronzeugen Oliver Bellenhaus und den ehemaligen Chefbuchhalter des kollabierten Dax-Konzerns aus dem Jahr 2020. Ursprünglich waren 100 Verhandlungstage geplant, von denen der letzte in der kommenden Woche am 10. Januar stattgefunden hätte.

Wirecard brach im Sommer 2020 zusammen, nachdem die Wirtschaftsprüfer 1,9 Milliarden Euro nicht auffinden konnten, die in der Bilanz ausgewiesen waren. Laut Anklage hat es dieses Geld nie gegeben. Braun und seine Komplizen sollen als kriminelle Bande betrügerische Geschäfte vorgetäuscht haben, um das defizitäre Unternehmen über Wasser zu halten.

Markus Braun, der seit fast dreieinhalb Jahren in Untersuchungshaft sitzt, bestreitet jedoch seine Schuld. Nach seinen Angaben haben die wahren Kriminellen, angeführt von dem flüchtigen Ex-Vertriebsvorstand Jan Marsalek und dem Kronzeugen Bellenhaus, beträchtliche Gelder veruntreut.

Braun und Bellenhaus werfen sich gegenseitig Vorwürfe vor, und keine der bisher befragten Zeugen konnte Klarheit schaffen. Es ist immer noch unklar, ob die seit dem Sommer 2020 vermissten 1,9 Milliarden Euro jemals existierten und falls ja, wer letztendlich für den Verlust verantwortlich ist. Der Kronzeuge Bellenhaus, der seit Juli 2020 ununterbrochen in Untersuchungshaft sitzt, bestreitet ebenfalls die Vorwürfe von Braun.

Die Aufklärung gestaltet sich besonders schwierig, da die Tatorte größtenteils in Asien lagen, darunter Dubai, Singapur, die Philippinen und weitere asiatische Länder. Das Gericht hat in den letzten Monaten zahlreiche Zeugen aus dem Ausland geladen, die jedoch nicht erschienen sind.

Bisher haben hauptsächlich ehemalige Mitarbeiter der ehemaligen Wirecard-Zentrale in Aschheim bei München ausgesagt. Alle ehemaligen Untergebenen von Braun gaben jedoch an, nichts von dem Milliardenbetrug gewusst zu haben.

Anfang des neuen Jahres werden erstmalig Zeuginnen aussagen: am 10. Januar die frühere Leiterin der Rechtsabteilung der Wirecard-Bank, gefolgt von einer ehemaligen Vertriebsmanagerin am nächsten Tag.