Der Hype um Flugtaxis hielt sich hartnäckig. Die Vorstellung, sich über den städtischen Verkehrsinfarkt hinwegzusetzen und binnen Minuten von A nach B zu gleiten, faszinierte Investoren und Innovatoren gleichermaßen.
Milliarden flossen in die Entwicklung elektrischer Senkrechtstarter (eVTOLs), ein Markt, der als nächste Revolution der Mobilität gefeiert wurde. Doch inzwischen verdichten sich die Anzeichen, dass dieser Traum in der Realität harsche Grenzen findet.
Mit der zweiten Insolvenz innerhalb weniger Monate ist Lilium, einst das Aushängeschild deutscher Lufttaxi-Ambitionen, faktisch gescheitert. 1,5 Milliarden Euro an Investorengeldern sind verbrannt, 775 Mitarbeiter blicken einer ungewissen Zukunft entgegen.
Auch Volocopter, ein weiteres deutsches Vorzeigeprojekt, hat Insolvenz angemeldet. Airbus Helicopters hat seine eigenen eVTOL-Pläne nach einem erfolgreichen Testflug überraschend auf Eis gelegt. Die Euphorie weicht der Ernüchterung.
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Das Risiko, das niemand kommen sah
Ein entscheidender Schlag könnte jetzt von unerwarteter Seite kommen: Eine aktuelle Untersuchung der US-Luftfahrtbehörde FAA offenbart gravierende physikalische Probleme, die den urbanen Betrieb von eVTOLs erheblich erschweren.
Die Behörde testete mehrere Prototypen unterschiedlicher Hersteller, um herauszufinden, welche Abwinde die Fluggeräte beim Starten und Landen erzeugen. Die Ergebnisse sind alarmierend.
Selbst in einer Entfernung von 30 Metern wurden Windgeschwindigkeiten von fast 100 km/h gemessen. In nur 12 Metern Distanz erreichten sie Werte von über 160 km/h – ein Level, das in der Meteorologie bereits als Orkan oder Hurrikan gilt.
Diese extremen Luftverwirbelungen, bekannt als Downwash und Outwash, könnten nicht nur lose Gegenstände in der Umgebung erfassen und durch die Luft schleudern, sondern auch ernsthafte gesundheitliche Auswirkungen auf Menschen haben. Laut FAA-Studie reichen sie von unkontrollierbaren Muskelreflexen bis zu Blutdruckspitzen und Sichtbehinderungen durch aufgewirbelten Staub und Trümmer.
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Bisher konzentrierte sich die Debatte um Flugtaxis auf Sicherheitsaspekte wie Kollisionen oder technische Defekte. Doch die neusten Erkenntnisse werfen eine grundsätzliche Frage auf: Lässt sich das Konzept überhaupt sicher und praktikabel in einer belebten Stadtumgebung umsetzen?
Das Todesurteil für urbane Landeplätze?
Urbane Mobilitätskonzepte basieren auf der Idee, dass Lufttaxis flexibel agieren und Passagiere dort aufnehmen können, wo sie gebraucht werden – an Bahnhöfen, Hotels oder sogar Firmendächern. Die FAA-Studie legt jedoch nahe, dass dies nahezu ausgeschlossen ist.
Um Passanten und Anwohner vor den starken Luftverwirbelungen zu schützen, müssten weiträumige Sicherheitszonen eingerichtet werden. Eine spontane Landung im Stadtzentrum? Unmöglich.
Schon lange existieren auf Flughäfen Sperrbereiche, um Menschen vor den Abwinden von Hubschraubern und Jets zu schützen. Doch ein großer, kostenintensiver Landeplatz mit aufwendiger Infrastruktur steht in klarem Widerspruch zu dem Versprechen, dass eVTOLs die urbane Mobilität revolutionieren.
Ein geschäftliches Vakuum
Nicht nur die physikalischen Einschränkungen dürften das Aus für viele Flugtaxi-Projekte bedeuten, auch wirtschaftlich bricht das Fundament weg. Das Geschäftsmodell der eVTOLs basiert darauf, dass eine hohe Frequenz an Starts und Landungen die hohen Betriebskosten rechtfertigt.
Doch mit den nun bekannten Einschränkungen stellt sich die Frage, ob sich der kommerzielle Betrieb überhaupt lohnen kann.
Branchenkenner kritisierten bereits, dass Lilium nicht nur an der technischen Realisierung gescheitert sei, sondern vor allem an einem nicht tragfähigen Geschäftsmodell. Ohne schnelle, flexible Landemöglichkeiten und mit streng reglementierten Flugkorridoren verliert das Konzept jegliche Skalierbarkeit.