04. Januar, 2025

Unternehmen

Wie Deutschlands grüne Industriepläne im Schlamm versinken

Subventionen in Milliardenhöhe, große Versprechungen, hehre Ziele – und jetzt? Ein Blick auf die Realität von Northvolt, Intel und Wolfspeed zeigt: Die deutsche Industriepolitik hat sich wohl übernommen.

Wie Deutschlands grüne Industriepläne im Schlamm versinken
Auf dem geplanten Northvolt-Gelände in Heide, Schleswig-Holstein, wurden schon Autobahnabfahrten gebaut und Wohngebiete ausgewiesen. Jetzt bleibt den Dithmarschern vorerst nur der Blick auf leere Flächen und offene Fragen.

Es war einmal in Dithmarschen. Eine idyllische Region an der schleswig-holsteinischen Westküste, bekannt für Wind, Kühe und flaches Land. Doch dann, eines Tages im März, landeten Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck in Heide – und mit ihnen eine Vision: die größte Batteriefabrik des Nordens.

Der schwedische Hersteller Northvolt sollte hier die klimaneutrale Mobilitätswende vorantreiben. 3000 Arbeitsplätze, fünf Milliarden Euro Investitionen, das ganze grün getüncht und voller Zukunftsoptimismus.

„Dithmarschen-Geschwindigkeit“ versprach Scholz. Nun ja, sagen wir mal so: Das war wohl eher ein Trecker, der im Matsch steckengeblieben ist.

Die Realität sieht anders aus

Heute steht das Projekt am Abgrund. Northvolt hat Insolvenz nach US-Recht angemeldet – natürlich nicht, ohne dabei das übliche PR-Sprech zu bemühen. Es gehe ja nur darum, sich „neu aufzustellen“.

Dass über eine Milliarde Dollar fehlt und selbst Hauptinvestor Volkswagen nur noch mit leidendem Gesichtsausdruck zuschaut, erwähnen wir an dieser Stelle besser nicht.

Kai Tange, Bürgermeister von Lohe-Rickelshof, ist da schon ehrlicher. „Wir hängen in der Luft“, sagt er trocken. Dabei war die Region schon in Vorleistung gegangen: neue Wohngebiete, eine Autobahnabfahrt, sogar erste Pfähle für die Fabrikhalle. Und jetzt? Nichts. Stillstand.

Northvolt, Wolfspeed und Intel – die großen Leuchtturmprojekte für Deutschland hängen fest. Bürokratie, Finanzierungsprobleme und fehlende Nachfrage entzaubern den Traum von der grünen Industrie.

Wer Dithmarschen kennt, der weiß: Hier bewegt sich nichts schnell, aber das ist dann doch zu viel der Gemütlichkeit.

Saarland: Noch ein Trecker im Matsch

Ähnlich düster sieht es im Saarland aus, wo Wolfspeed eine Halbleiterfabrik bauen wollte. Drei Milliarden Euro, hieß es, 500 Millionen davon vom Steuerzahler. Hier sollte High-Tech entstehen, Chips für Elektroautos, eine Blaupause für die Transformation der ehemaligen Kohleregion. Heute sieht das Gelände genauso aus wie damals – nur mit mehr Gras.

Das Gelände des ehemaligen Kohlekraftwerks in Ensdorf, Saarland, sollte zur Produktionsstätte für Elektroauto-Chips werden. Heute erinnert hier nichts an High-Tech – außer der nicht enden wollenden Wartezeit.

„Wir hoffen, dass die Amerikaner irgendwann starten“, sagt Bürgermeister Jörg Wilhelmy aus Ensdorf. Irgendwann? Das klingt nicht gerade nach Dithmarschen-Geschwindigkeit.

Tatsächlich stellt sich hier längst die Frage, ob Wolfspeed überhaupt noch Interesse hat. „Die Fläche ist wertvoll“, sagt Wilhelmy. Immerhin, das Gras wächst gut.

Magdeburg: Der große Quantensprung bleibt aus

Und dann wäre da noch Magdeburg. Intel wollte hier zwei Chipwerke bauen, Investitionen in Höhe von 30 Milliarden Euro. Kanzler Scholz reiste an, erklärte den Bau zum „Meilenstein der ostdeutschen Wirtschaft“. Nur ist der Meilenstein inzwischen eher ein Stolperstein.

Der Baustart wurde verschoben – mindestens zwei Jahre. Die Chipkrise, die ambitionierten Pläne, die nicht enden wollenden Diskussionen über Subventionen: Alles zu viel für das große Projekt.

Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone Borris bleibt dennoch optimistisch. „Wir hoffen, dass Intel irgendwann loslegt“, sagt sie. Das klingt nicht nach Euphorie, sondern nach Durchhalteparole.

Teure Träume, große Risiken

Die Ampel-Regierung hatte sich viel vorgenommen: Die Klimaneutralität sollte nicht nur politisches Ziel, sondern auch wirtschaftlicher Turbo sein. Doch von den milliardenschweren Projekten bleibt bislang vor allem ein Loch in der Kasse.

Sollte Northvolt endgültig scheitern, stünden 600 Millionen Euro an Steuergeldern in Schleswig-Holstein auf dem Spiel. Wolfspeed und Intel haben immerhin noch nichts gebaut, was den Verlust etwas kleiner hält. Kleiner Trost für die Steuerzahler, die sich fragen, wo das viele Geld bleibt.

Das eigentliche Problem

Und jetzt mal ehrlich: Ist das wirklich überraschend? Hohe Energiekosten, Bürokratie bis zum Abwinken und eine Regierung, die gerne verspricht, was sie nicht halten kann – das schreckt Investoren ab.

Die grünen Großprojekte sind keine Ausnahme, sondern ein Symptom. Ein Symptom dafür, dass Deutschland beim Strukturwandel oft schneller redet als handelt.

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