14. April, 2025

Unternehmen

Wie Deutschlands Flughafenkrise Heinemann zum Umdenken zwingt

Das Hamburger Familienunternehmen Gebr. Heinemann trotzt der Pandemie, expandiert weltweit – und verliert ausgerechnet im Heimatmarkt an Boden. Schuld sind hohe Gebühren, geizige Kunden und ein Standort, der international den Anschluss verliert.

Wie Deutschlands Flughafenkrise Heinemann zum Umdenken zwingt
Kostenfalle Heimatmarkt: Start- und Landegebühren sowie Sicherheitskosten haben sich in Deutschland seit 2019 teilweise verdoppelt.

Vom Aufstieg, Fall und Comeback eines Flughafen-Giganten

Max Heinemann weiß, wie sich ein Absturz anfühlt. 2020 verlor das traditionsreiche Familienunternehmen, das er in fünfter Generation führt, binnen weniger Wochen fast seinen gesamten Umsatz – weil der globale Flugverkehr praktisch zum Erliegen kam.

Die Folge: leere Terminals, verwaiste Läden, zwei Jahre Verlustgeschäft. Heute ist der Umsatz wieder über der Marke von vier Milliarden Euro – doch die Herausforderungen sind geblieben.

Und sie heißen nicht mehr Virus, sondern Standortkosten, Kundenschwund und die große Frage: Lässt sich das Geschäft mit Duty-Free noch retten?

Deutschland fliegt hinterher

Während der Luftverkehr global boomt, wirkt Deutschland wie ein Nachzügler. 2024 zählten die Airlines weltweit erstmals wieder über fünf Milliarden Passagiere – ein Rekord.

Doch an deutschen Flughäfen lag das Aufkommen noch immer zwölf Prozent unter dem Vorkrisenniveau. Für ein Unternehmen wie Heinemann, das auf jeden Boardingpass als potenziellen Umsatzträger schaut, ist das ein Problem.

Noch gravierender: Die Kunden, die fliegen, kaufen kaum.

Flughafen Frankfurt: Sinkende Passagierzahlen und steigende Kosten gefährden das Geschäftsmodell zahlreicher Retailpartner.

Zahlen, die schmerzen

2,50 Euro gibt ein deutscher Fluggast im Schnitt im Duty-Free-Shop aus – in Hamburg, wohlgemerkt, einem der Hauptstandorte des Unternehmens. In Oslo sind es 60 Euro, in asiatischen Märkten noch deutlich mehr.

Chinesische Touristen gaben vor der Pandemie pro Kopf bis zu 160 Euro aus – heute etwa die Hälfte, und das auch eher in Malaysia oder Australien statt in München oder Frankfurt.

Kostenexplosion auf dem Heimatmarkt

Dass Heinemann international expandiert, während Deutschland an Bedeutung verliert, ist kein Zufall.

„Die Standortkosten in Deutschland sind an einigen Flughäfen doppelt so hoch wie 2019“, sagt Max Heinemann.

Sicherheitsgebühren, Start- und Landeentgelte sowie Flughafengebühren machen das Fliegen nicht nur teurer, sondern auch unattraktiv für Airlines. Viele ziehen sich zurück – und mit ihnen verschwinden potenzielle Kunden.

Während Länder wie Spanien oder Frankreich die Gebühren gedeckelt oder subventioniert haben, überlässt Deutschland das Thema dem Markt. Ergebnis: steigende Preise, sinkende Frequenz, stagnierender Umsatz.

Wirtschaftsfaktor Duty-Free – unterschätzt und übersehen

Dabei geht es längst nicht mehr nur um Parfüm und Pralinen. Flughäfen generieren ihre Gewinne vor allem außerhalb der Rollbahn – mit Retail und Gastronomie.

Wenn Passagiere ausbleiben oder weniger ausgeben, geraten auch Flughafenbetreiber unter Druck. Die Folge: Noch mehr Druck auf die Shop-Mieter – und ein Teufelskreis, den Heinemann nun öffentlich adressiert.

Weltweit präsent – aber nicht mehr in jeder Ecke willkommen

Heinemann betreibt rund 500 Shops in 100 Ländern, beschäftigt mehr als 9.000 Menschen. Der größte Einzelstandort ist Istanbul, wo das Unternehmen mit einem lokalen Partner einen Jahresumsatz von über einer Milliarde Euro macht.

Der Fokus liegt längst auf Wachstumsmärkten: Indien, Vietnam, die Golfregion – dort wird investiert, eingestellt, expandiert. In Deutschland dagegen werden Verträge geprüft, Flächen hinterfragt, Perspektiven diskutiert.

Der Vatikan als Bestandskunde

Eine skurrile Randnotiz bleibt dennoch: Heinemann beliefert seit Jahrzehnten auch den Vatikan – mit „kleinen Mengen Spirituosen und ein paar Lebensmitteln“. Mehr wird nicht verraten.

Es ist ein Geschäft, das symbolisch steht für die Tiefe und Breite des Unternehmens – und gleichzeitig für seine Wurzeln, die längst über Terminalschilder hinausreichen.

Was bleibt von der Marke Deutschland?

Dass der Heimatmarkt an Relevanz verliert, ist für Heinemann mehr als ein betriebswirtschaftlicher Effekt – es ist auch eine emotionale Erfahrung. „Die Deutschen kaufen anders“, sagt der CEO.

Übersetzt heißt das: Sie kaufen weniger, vergleichen mehr, geben nicht viel auf Marken oder Rabatte. Für einen Duty-Free-Händler, der von Impulskäufen lebt, ist das eine schwierige Basis.

Das könnte Sie auch interessieren:

Warum Apple zur WWDC 2025 liefern muss
Apple steht vor seiner wichtigsten Entwicklerkonferenz seit Jahren. Die Konkurrenz zieht bei Künstlicher Intelligenz davon, während die WWDC 2025 mit neuem Design und überarbeiteter Strategie verlorenes Vertrauen zurückgewinnen soll.