Der Widerstand gegen externe Druckmittel ist eine Kunst, die der Iran über Jahrzehnte perfektioniert hat. Inmitten einer Welt, in der Wirtschaftssanktionen oft als diplomatisches Druckmittel eingesetzt werden, zeigt sich der Iran von einer unerwartet robusten Seite.
Die aktuellen Entwicklungen deutscher Handelsbeziehungen mit dem Iran beleuchten ein Phänomen, das tiefere Einblicke in die Resilienz eines sanktionierten Staates ermöglicht.
Günstige Gelegenheiten in schwierigen Zeiten
Die Geschichte beginnt im Jahr 2016, als eine Delegation deutscher Unternehmer, angeführt von der Industrie- und Handelskammer Rostock, den Iran besuchte.
Diese Reise fiel in eine kurze Phase der Entspannung, die als politisches Tauwetter beschrieben wurde und den Beteiligten Hoffnung auf lukrative Geschäfte machte.
Die Euphorie der deutschen Wirtschaftsvertreter, insbesondere aus den Sektoren Energie und Maschinenbau, schien damals keine Grenzen zu kennen.
Kontinuierlicher Handel trotz politischer Unwägbarkeiten
Doch die Landschaft veränderte sich schnell wieder. Trotzdem zeigen Daten des Statistischen Bundesamtes, dass die deutsche Wirtschaft den iranischen Markt nicht aufgegeben hat. Im Jahr 2023 waren Maschinen, pharmazeutische Produkte und chemische Erzeugnisse die Hauptexportgüter.
Diese anhaltende Geschäftsbeziehung trotzt nicht nur den politischen Spannungen und menschenrechtlichen Bedenken, sondern auch den verstärkten Bemühungen der USA, das Sanktionsnetz enger zu ziehen.
Sanktionsexpertise und ihre Grenzen
Die Realität der Sanktionen und ihre Durchführbarkeit werden von Experten wie Christian von Soest kritisch betrachtet. Die EU hat viele der schwersten Sanktionen gegen den Iran bereits 2015 gelockert oder zurückgenommen, im Zuge der Vereinbarungen des Atomwaffenabkommens.
Heute sind nur bestimmte Waren sanktioniert, was umfassende Wirtschaftssanktionen ausschließt. Von Soest argumentiert, dass selbst verschärfte Maßnahmen wenig Einfluss auf den Export deutscher Unternehmen hätten.
Die Rolle der Maschinen- und Anlagenbauer
Trotz des geringen Anteils am Gesamtauslandsgeschäft, den der Iran ausmacht, behaupten sich deutsche Maschinen- und Anlagenbauer in diesem Markt. Diese Unternehmen liefern Produkte, die oft unter die humanitären Ausnahmen fallen, wie Maschinen zur Herstellung von Lebensmitteln oder Medikamenten.
„Zu Beginn der Sanktionen im Jahr 2006 gab es verlässliche Schätzungen, dass rund 70 Prozent der iranischen Industriemaschinen aus Deutschland stammen. Dies hat sich seitdem deutlich verändert und im Jahr 2023 machten solche Lieferungen noch circa 23 Prozent des stark rückläufigen Deutschen Exports nach Iran aus“, sagt ein Experte.
Ulrich Ackermann vom VDMA hebt hervor, dass die Bedeutung des iranischen Marktes für deutsche Unternehmen oft überbewertet wird.
Die Herausforderung der Kontrolle
Die Herausforderung für Hersteller liegt darin, die Wege ihrer Produkte zu verfolgen, sobald diese Massenware werden. Ersatzteile wie Schrauben und Kugellager werden über komplexe Vertriebsnetze gehandelt, die schwer zu überwachen sind, erklärt Ackermann. Diese Realität unterstreicht die Komplexität internationaler Handelsbeziehungen und die Grenzen der Sanktionspolitik.
Wirtschaftliche Verschiebungen und die China-Connection
Ein bemerkenswerter Aspekt der iranischen Wirtschaftspolitik ist ihre Neuorientierung hin zu China.
Nach Schätzungen verkauft der Iran heute den Großteil seines Rohöls an China, was den bilateralen Handel zwischen den Ländern auf etwa 15 Milliarden US-Dollar jährlich schätzen lässt.
Diese Verschiebung verdeutlicht, wie globalisierte Märkte können, lokale Sanktionen in ihrer Wirksamkeit einzuschränken.
Ein Kurswechsel durch Sanktionen?
Die Anpassungsfähigkeit des Iran an die internationalen Sanktionen ist beispiellos. Trotz der harschen Maßnahmen, die unter anderem von der US-Regierung unter Donald Trump verschärft wurden, hat der Iran es geschafft, sich wirtschaftlich so aufzustellen, dass er externen Druck überstehen kann.
„Der Iran hat über Jahrzehnte alternative Lieferketten aufgebaut und kann so auch an vom Westen sanktionierte Technologien gelangen, wenn das Regime es will“, sagt Sanktionsexperte von Soest.
Die Verschiebungen in den Handelsbeziehungen und die kontinuierliche Anpassung an die geopolitischen Realitäten werfen die Frage auf, ob Sanktionen überhaupt einen politischen Kurswechsel erzwingen können.
Dieser tiefgreifende Einblick in die Handelsdynamik zwischen Deutschland und dem Iran bietet eine nuancierte Perspektive auf die Effektivität von Sanktionen und die unvermeidliche Anpassungsfähigkeit von Nationen, die unter wirtschaftlichem Druck stehen.
In einer globalisierten Welt sind die Grenzen der politischen Einflussnahme durch Sanktionen deutlich sichtbar, was die Diskussion über ihre zukünftige Rolle in der internationalen Diplomatie weiter anregen dürfte.