20. Januar, 2025

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Wie Chinas Solar-Technologie Deutschland gefährden könnte

Wechselrichter aus China dominieren die deutsche Solarinfrastruktur. Ein Präzedenzfall zeigt, wie verletzlich das Energiesystem ist – besonders in Krisenzeiten.

Wie Chinas Solar-Technologie Deutschland gefährden könnte
Die mögliche Fernsteuerung von Solaranlagen durch chinesische Unternehmen stellt eine bislang unterschätzte Bedrohung für die Energiesicherheit dar.

Ein Knopfdruck aus Ningbo

Es war ein gewöhnlicher Novembertag, als „Mar Verde“ bemerkte, dass in seinem sonnendurchfluteten Heim in Costa Rica plötzlich nichts mehr funktionierte: kein Strom, kein Wasser, keine funktionierende Toilette.

Ursache war ein Wechselrichter des chinesischen Herstellers Deye, der offenbar ohne Vorwarnung zentral deaktiviert wurde. Was wie ein Einzelfall in einem Online-Forum anmutet, könnte ein bedrohlicher Präzedenzfall für die deutsche Energieversorgung sein.

Deutschland setzt massiv auf Solarenergie – mit einer installierten Kapazität von rund 100 Gigawatt, mehr als bei jeder anderen Kraftwerksart. Doch ein erheblicher Teil dieser Kapazität hängt an chinesischen Wechselrichtern, die den Gleichstrom von Solarmodulen in nutzbaren Wechselstrom umwandeln.

Der Deye-Vorfall zeigt, dass China potenziell in der Lage ist, diese Geräte aus der Ferne zu deaktivieren – mit katastrophalen Folgen für die deutsche Energieversorgung.

Was passiert, wenn China nicht handelt?

Die deutsche Bundesregierung plant mit dem sogenannten Solarspitzen-Gesetz, Wechselrichter künftig zur Stabilisierung des Stromnetzes einzusetzen.

Über 100 Gigawatt Solarkapazität in Deutschland hängen an Komponenten, die von chinesischen Herstellern kontrolliert werden können.

Das Ziel: Überschüssigen Strom von Solardächern abzuregeln, um ein Überlasten der Netze zu verhindern. Doch diese Steuerung basiert auf der Technologie der Gerätehersteller, die oft in China ansässig sind.

Experten warnen, dass eine zentrale Steuerung durch chinesische Unternehmen erhebliche Risiken birgt. Bereits durch passives Nichtstun – etwa das Ignorieren von Abregelungsanweisungen – könnten Netzinstabilitäten entstehen. Ein flächendeckender Blackout wäre in einem solchen Szenario kaum abzuwenden.

Die unsichtbare Gefahr

Während die Diskussionen über chinesische Technologie in Mobilfunknetzen, wie etwa durch Huawei, jahrelang die Schlagzeilen dominierten, blieb die viel größere Bedrohung durch chinesische Komponenten in der Energieinfrastruktur nahezu unbeachtet.

Der Markt für Wechselrichter wird von Unternehmen wie Huawei, Sungrow und Deye dominiert. Diese Unternehmen unterliegen chinesischen Gesetzen, die sie zur Kooperation mit staatlichen Stellen verpflichten können.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zeigt sich alarmiert. „Dass Hersteller über eine im Ausland beheimatete Cloud direkten Zugriff auf so viele systemrelevante Geräte haben, ist aus unserer Sicht ein erhebliches Gefährdungspotenzial“, heißt es in einer Stellungnahme.

Eine chinesische Dominanz bei Wechselrichtern macht die deutsche Solarinfrastruktur anfällig für Cyberangriffe oder geopolitische Spannungen.

Abhängigkeit auf allen Ebenen

Das Problem beschränkt sich nicht nur auf die Solarenergie. Auch in der Windkraft, die mit einer installierten Kapazität von rund 65 Gigawatt ebenfalls systemrelevant ist, kommen Steuerungskomponenten aus China zum Einsatz.

Der Bundesverband Windenergie hat die Bundesregierung bereits aufgefordert, kritische Komponenten im Energiebereich stärker zu regulieren.

Doch die politischen Versäumnisse sind offensichtlich: Während jahrelang an einer sicheren Einführung von Smart-Metern gearbeitet wurde, fehlt nun eine praktikable Alternative. Die Abhängigkeit von unsicheren Komponenten aus dem Ausland ist so groß wie nie.

Ein hybrider Krieg?

Die Verwundbarkeit der deutschen Energieinfrastruktur hat auch eine geopolitische Dimension. Sollte China etwa in einen Konflikt um Taiwan verwickelt werden, könnte Peking die Kontrolle über systemrelevante Technologien nutzen, um politischen Druck auszuüben.

Die jüngsten Vorfälle, etwa ein chinesischer Frachter, der mutmaßlich absichtlich Datenkabel in der Ostsee beschädigte, zeigen, wie real diese Bedrohung ist. „Die hohe Abhängigkeit von China macht uns nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sicherheitspolitisch erpressbar“, warnt ein Experte für Cyberabwehr.


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Die Solarstrategie am Scheideweg

Die deutsche Energiewende steht vor einem Dilemma: Auf der einen Seite wächst der Bedarf an erneuerbaren Energien. Auf der anderen Seite wird das Stromnetz durch diese Technologien verwundbar. Die Bundesregierung muss nun schnell handeln, um die systemischen Schwachstellen zu schließen.

Ein erster Schritt könnte sein, eine stärkere Regulierung für kritische Komponenten einzuführen und die Abhängigkeit von chinesischen Herstellern zu reduzieren. Doch dieser Weg wird teuer und langwierig sein – Zeit, die Deutschland angesichts der wachsenden geopolitischen Spannungen möglicherweise nicht hat.