Fasten – eine jahrhundertealte Praxis – erlebt in der modernen Medizin eine Renaissance. Mit neuen wissenschaftlichen Studien rücken Forscher die gesundheitlichen Vorteile des zeitweiligen Nahrungsverzichts in den Fokus.
Besonders Prof. Andreas Michalsen, Chefarzt der Naturheilkunde am Immanuel-Krankenhaus und Experte der Charité, sieht im Fasten das vielversprechendste Mittel, um Alterserkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Leiden und Demenz hinauszuzögern oder sogar zu verhindern.
Fasten und die Mechanismen des Alterns
„Von den 14 Mechanismen, die den Alterungsprozess antreiben, können zwölf durch Fasten positiv beeinflusst werden“, erklärt Michalsen. Diese sogenannten „Hallmarks of Aging“ umfassen unter anderem die Verkürzung der Telomere, eine gestörte Zellreinigung (Autophagie) oder die Erschöpfung der Stammzellen.
Eine vielversprechende Studie des renommierten Gerontologen Valter Longo zeigte, dass bereits dreimal fünf Tage Scheinfasten über drei Monate hinweg das biologische Alter der Teilnehmer um durchschnittlich 2,5 Jahre reduzierte. Grundlage hierfür war die Messung epigenetischer Marker, die die Aktivität von altersrelevanten Genen widerspiegeln.
Wie oft sollte man fasten?
„Wer 15 Tage im Jahr fastet, kann das Risiko von Alterskrankheiten deutlich senken“, so Michalsen. Ob Heilfasten, Intervallfasten oder Scheinfasten – entscheidend sei die Regelmäßigkeit.
Heilfasten-Kuren von sieben bis acht Tagen zweimal im Jahr könnten beispielsweise durch kürzere Fastenzyklen von fünf Tagen ergänzt werden. Intervallfasten sei eine ideale Ergänzung, um die positiven Effekte langfristig zu stabilisieren.
Für die Praxis empfiehlt Michalsen die 3+1-Regel: Drei Stunden vor dem Schlafengehen und eine Stunde nach dem Aufwachen nichts zu essen. Ergänzt durch tägliche Bewegungsprogramme könne diese Routine die Zellreinigung und Mitochondrien-Funktion maximal anregen.
Fasten vs. Medikamente
Während Pharmaunternehmen an Substanzen wie Spermidin, Metformin oder NMN forschen, bleibt Michalsen skeptisch. „Es ist unklar, ob künstlich angeregte Mechanismen die gleiche nachhaltige Wirkung haben wie der körpereigene Prozess“, betont er. Studien zeigen, dass die Autophagie durch Fasten effektiver aktiviert wird als durch Nahrungsergänzungsmittel.
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Fasten erfordert Disziplin, besonders an den ersten beiden Tagen. Doch ab Tag drei berichten viele Menschen von einem „Fasten-High“ – einem Gefühl gesteigerter Energie und Klarheit. „Fasten ist keine Garantie für ein langes Leben“, räumt Michalsen ein. „Doch es ist eine der effektivsten Maßnahmen, um Krankheiten vorzubeugen, die das Leben verkürzen.“