Die britische Gastgewerbebranche schlägt Alarm: Über 200 Führungskräfte, darunter Spitzenvertreter von Fuller, Smith & Turner und Whitbread, haben Kanzlerkandidatin Rachel Reeves davor gewarnt, dass die Erhöhung der Arbeitgeber-Nationalversicherungsbeiträge zu „drastischen“ Stellenkürzungen und Geschäftsaufgaben führen könnte. Dies geht aus einem Brief hervor, den der Branchenverband UKHospitality an die Finanzministerin gerichtet hat.
Die jüngst im Budget angekündigte Erhöhung von 1,2 Prozentpunkten auf nun 15 Prozent sowie die Senkung der Schwelle, ab der Arbeitgeber Beiträge entrichten müssen, von £9.100 auf £5.000, trifft die Branche überproportional. Die Maßnahme wird als unhaltbar für die Betriebe und als rückschrittlich für Geringverdiener betrachtet, so Kate Nicholls, CEO von UKHospitality. Die Auswirkungen könnten auch flexible Arbeitsmodelle gefährden, auf die viele ältere Arbeitnehmer und Eltern angewiesen sind.
Im Schreiben wird davor gewarnt, dass solche Kostensteigerungen kleine Unternehmen binnen eines Jahres zur Aufgabe zwingen und geplante Investitionen sowie Arbeitsplätze gefährden könnten. Gefordert wird eine neue Beitragskategorie mit einem niedrigeren Satz von 5 Prozent für Beschäftigte mit Einkommen im Bereich zwischen £5.000 und £9.100, oder eine Ausnahme für Geringverdiener, die weniger als 20 Stunden pro Woche arbeiten.
Die Erhöhung der Beiträge hat bereits zu Protesten in Unternehmen geführt. Namenhafte Firmen wie Marks and Spencer, J Sainsbury, die Pubkette JD Wetherspoon, Wagamama-Eigentümer The Restaurant Group und der Telekommunikationsanbieter BT weisen darauf hin, dass die gestiegenen Kosten Millionenbeträge ausmachen werden. Morgan Stanley schätzt in einer Analyse nach dem Budget, dass die Änderungen für britische Einzelhändler die Personalkosten um 3 Prozent ansteigen lassen – begleitet von einem beschleunigten Anstieg der Lebensmittelpreise durch erhöhte Lebenshaltungskosten.
Marktführer Tesco, der größte private Arbeitgeber im Vereinigten Königreich, müsste demnach jährlich £250 Millionen zusätzlich aufbringen, eine Steigerung um 45 Prozent. Tesco lehnte es ab, sich hierzu zu äußern. Sainsbury's Chef Simon Roberts betonte derweil, dass die Preissteigerungen unvermeidlich durch die dünnen Gewinnmargen der Supermärkte an die Verbraucher weitergegeben werden müssten.
Rachel Reeves wiederum ist der Ansicht, dass sich die Unternehmen durch Effizienzsteigerungen und geringere Gewinnmargen anpassen könnten. Darren Jones, Chefsekretär des Schatzamtes, erklärte im Gespräch mit Sky News, dass die Regierung nicht gewillt sei, die nationale Versicherungsbeitragserhöhung zu überdenken. Er betonte, man habe die Maßnahme so gestaltet, dass für mehr als die Hälfte der Unternehmen keine Mehrkosten entstünden oder sogar Einsparungen möglich seien.