29. Januar, 2025

Wirtschaft

Wettbewerbsfähigkeit statt Klimaschutz: EU plant radikalen Kurswechsel

Die EU-Kommission verabschiedet sich vom Green Deal und setzt in der neuen Amtszeit auf eine wirtschaftsfreundliche Agenda. Mit Maßnahmen zum Bürokratieabbau und gezielten Investitionen soll Europas Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden.

Wettbewerbsfähigkeit statt Klimaschutz: EU plant radikalen Kurswechsel
Die neue EU-Agenda priorisiert wirtschaftliche Interessen und verabschiedet sich von bisherigen Klimazielen. Kritiker sehen darin eine bedenkliche Kehrtwende.

Fünf Jahre nach dem Start des ambitionierten Green Deals vollzieht die Europäische Union eine 180-Grad-Wende. Wie ein vertraulicher Entwurf zeigt, der nächste Woche offiziell vorgestellt wird, verschiebt die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen den Fokus ihrer Agenda: Wirtschaftsförderung und Bürokratieabbau stehen nun an oberster Stelle.

Dieses neue Programm mit dem Titel „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ markiert einen entscheidenden Bruch mit der bisherigen Klimapolitik.

„Die neue EU-Kommission macht ernst und setzt die Wettbewerbsfähigkeit an die Spitze ihrer Agenda“, erklärte Angelika Niebler, Europaabgeordnete der CSU.

Der Plan sieht unter anderem vor, Berichtspflichten für Unternehmen um 25 Prozent und für kleine sowie mittlere Betriebe sogar um 35 Prozent zu reduzieren. Gleichzeitig sollen Genehmigungsverfahren beschleunigt und Fördermittel leichter zugänglich gemacht werden.


Fakten im Überblick:

  • Abkehr vom Green Deal: Der „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ ersetzt die bisherige Klimapolitik.
  • Bürokratieabbau: Berichtspflichten sollen für Unternehmen um bis zu 35 Prozent reduziert werden.
  • Neue Investitionsschwerpunkte: Fokus auf KI, saubere Energie, Biotechnologie, Robotik und Raumfahrt.
  • Unabhängigkeit von Russland: Flüssiggasimporte sollen reduziert, langfristige Energieverträge gefördert werden.
  • Freihandel und Protektionismus: Neue Abkommen mit Australien, Indien und Indonesien sowie Bevorzugung europäischer Unternehmen in Ausschreibungen.

Hintergrund

Seit 2019 prägte der Green Deal die Agenda der Europäischen Union. Rund 70 Umweltgesetze wurden verabschiedet, um Europa bis 2050 klimaneutral zu machen.

Mit einer Reduktion der Berichtspflichten um bis zu 35 Prozent soll die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden – doch Umweltstandards könnten dabei ins Hintertreffen geraten.

Doch die zunehmende Kritik aus der Wirtschaft – etwa an hohen Energiekosten und der Bürokratie – zwang die EU zum Umdenken. „Zwei von drei Unternehmen betrachten die regulatorische Belastung als größtes Hindernis für langfristige Investitionen“, heißt es im Entwurf der Kommission.

Wirtschaft First: Ein Paradigmenwechsel

Die Abkehr vom Green Deal ist auch ein geopolitisches Signal. Angesichts der Subventionspolitik Chinas und der protektionistischen Maßnahmen der USA versucht Europa, seinen Platz in der globalen Wirtschaft zu behaupten.

Geplant sind nicht nur neue Freihandelsabkommen, sondern auch protektionistische Maßnahmen wie die „europäische Präferenz“ in öffentlichen Ausschreibungen.

Zudem wirbt die Kommission für eine Harmonisierung des Steuer-, Arbeits- und Insolvenzrechts in den 27 Mitgliedsstaaten, um Investitionen anzuziehen.

„Das Wohlstandsversprechen Europas steht auf dem Spiel“, warnt die Kommission im Entwurf.

Technologieneutralität: Neue Energiepolitik

Im Bereich der Energiepolitik will die EU nun auf Technologieneutralität setzen. Konkret bedeutet dies mehr Unterstützung für Atomkraftwerke und klimafreundliche Verbrenner. Zudem plant Brüssel, die Energiepreise durch langfristige Abnahmeverträge zu stabilisieren.

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