Es kam überraschend: Der deutsche Konsumgüterriese Henkel wird sein Werk in Heidenau, südlich von Dresden, zum Jahresende schließen. Noch im Sommer hatte CEO Carsten Knobel in einem Interview betont, dass in Deutschland keine Werksschließungen geplant seien.
Doch laut Informationen aus Unternehmens- und Betriebsratskreisen wird die Produktion am Standort Heidenau bereits Anfang 2024 endgültig eingestellt. Betroffen sind rund 40 Beschäftigte, die in den kommenden Monaten vor schwierigen Entscheidungen stehen.
Der Standort Heidenau, bekannt für die Herstellung von Klebstoffen, unter anderem für die Möbelindustrie, galt schon länger als ineffizient. Die hohen Produktionskosten und der notwendige Sanierungsbedarf des Werks sind laut internen Quellen ausschlaggebende Gründe für die Entscheidung.
Doch die Frage bleibt: Warum wurde die Schließung erst jetzt bekannt gegeben, nachdem Knobel noch vor wenigen Monaten betont hatte, dass keine deutschen Werke von Schließungen betroffen seien?
Henkel: „Kein Wortbruch“
Henkel rechtfertigt die Schließung damit, dass Knobels Aussage auf das Konsumentengeschäft und nicht auf das Klebstoffsegment bezogen gewesen sei. „Das ist kein Wortbruch“, betonte ein Sprecher des Unternehmens.
Zudem habe die Kommunikation über die Schließung des Werks intern bereits vor mehr als anderthalb Jahren stattgefunden, was die Öffentlichkeit jedoch erst jetzt erfahre. Doch selbst innerhalb des Unternehmens und in Aufsichtsratskreisen stieß die Schließung auf Überraschung, besonders nach Knobels Interview im Sommer, in dem er Standortschließungen noch klar ausgeschlossen hatte.
In der Belegschaft sorgt die Entscheidung für Unmut. Viele der betroffenen Mitarbeiter fühlen sich von der Unternehmensführung im Stich gelassen. „Es gibt hier in Heidenau Beschäftigte, die jahrzehntelang für Henkel gearbeitet haben und nun vor dem Aus stehen“, sagte ein Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte.
Standort-Heidenau: Ein Auslaufmodell?
Der Standort Heidenau war für Henkel zwar einer der kleineren in Deutschland, jedoch wurde dort seit den 1970er-Jahren Klebstoff produziert – damals noch im volkseigenen Betrieb der DDR. Nach der Wiedervereinigung übernahm Henkel das Werk, doch nun geht eine Ära zu Ende.
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Die Klebstoffproduktion in Heidenau gilt als aufwendig und teuer, da sie viel Energie verbraucht. Zudem war das Werk in den letzten Jahren nicht vollständig ausgelastet, was den Entschluss zur Schließung weiter untermauerte.
Die Produktion soll künftig auf andere Werke verteilt werden, vor allem nach Bopfingen in Baden-Württemberg und nach Környe in Ungarn. Dort investiert Henkel bereits kräftig: Rund 20 Millionen Euro sollen in den Standort in Bopfingen fließen, um die Produktion zu modernisieren und aufzufangen, was in Heidenau wegfällt. Doch es bleiben Zweifel, ob die hochspezialisierten Produkte aus Heidenau in derselben Qualität an den neuen Standorten hergestellt werden können.
Letztes Werk in Ostdeutschland
Mit der Schließung von Heidenau verliert Henkel seinen letzten Produktionsstandort in Ostdeutschland. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Konzern ein Werk in Viersen geschlossen und an den Süßwarenhersteller Katjes verkauft.
Die Tendenz zu Kostensenkungen und Produktionsverlagerungen ins Ausland bleibt auch in der zweiten Phase des Umbaus bestehen. So sollen bis Ende 2025 auch in anderen Bereichen weitere Optimierungen folgen, was einen erneuten Stellenabbau mit sich bringen könnte. Wie viele Arbeitsplätze konkret betroffen sein werden, ist noch unklar.
Ein Umbau mit Folgen
Henkel befindet sich seit Frühjahr 2022 in der größten Umstrukturierung seiner Geschichte. Der Konzern fusionierte seine Konsumentenmarken, darunter Persil und Pril, mit der Kosmetiksparte zu einer neuen Einheit, um Synergien zu schaffen und Kosten zu senken.
Auch im Klebstoffbereich, einem der profitabelsten Geschäftsfelder von Henkel, wird seit Jahren optimiert. Die hohen Energiepreise und der Druck, international wettbewerbsfähig zu bleiben, zwingen Henkel dazu, Produktionsstätten wie Heidenau zu schließen.