Es war ein normaler Nachmittag, als Benjamin Kauper eine Nachricht von seiner Mutter erhielt. Sie fragte, ob sie wie vereinbart ihre Enkelin vom Kindergarten abholen solle. Benjamin, der krankgeschrieben zu Hause war, antwortete, dass er das selbst erledigen werde.
Kurz darauf folgte die Nachricht seines Vaters: Sollte er den Großeltern weiterhin den „vernünftigen Umgang“ mit ihrer Enkelin verwehren, würden sie Klage einreichen. Was wie eine banale Meinungsverschiedenheit klingt, wurde schnell zum komplexen Rechtsstreit, der das Familienleben der Kaupers völlig auf den Kopf stellte.
„Unsere Grenzen wurden einfach nicht respektiert“, erzählt Aline Kauper. „Wir haben versucht, Lösungen zu finden, aber letztlich blieb uns nur der Auszug, um Abstand zu gewinnen.“
Ein zerbrochenes Familienverhältnis eskaliert
Der Konflikt zwischen den Kaupers und Benjamins Eltern schwelt schon lange. Überraschungsbesuche, Einmischungen in die Erziehung ihrer Tochter – die Spannungen wuchsen. „Wir wollten nie den Kontakt zwischen unseren Eltern und unserer Tochter abbrechen“, betont Aline.
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Doch das ständige Übergehen ihrer Wünsche, vor allem im Umgang mit ihrer kleinen Tochter, führte zu einem unüberbrückbaren Bruch. Die Kaupers boten den Großeltern an, ihre Enkelin alle zwei Wochen zu sehen. Doch das war den Großeltern nicht genug – sie reichten Klage ein.
„Großeltern haben nach deutschem Recht ein Umgangsrecht, wenn dieser Kontakt dem Wohl des Kindes dient“, erklärt Magdalena Dittmann, Fachanwältin für Familienrecht. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass eine Beziehung zwischen Großeltern und Enkeln wertvoll ist, solange keine belastenden Konflikte bestehen.
Gerichtliche Entscheidungen gegen den Willen der Eltern
Der Fall der Kaupers ist kein Einzelfall. Familienrichter wie Jürgen Rudolph bestätigen, dass solche Fälle immer häufiger vorkommen. Der Rechtsstreit zwischen Großeltern und Eltern mag ungewöhnlich erscheinen, doch in den Familiengerichten gehören sie mittlerweile zum Alltag.
In ihrem Fall kam es zu einer gerichtlichen Anhörung. „Uns wurde kaum Gehör geschenkt“, berichtet Benjamin Kauper frustriert. „Wir hatten das Gefühl, dass die Bedürfnisse unserer Tochter nicht wirklich berücksichtigt wurden.“
Die Entscheidung des Gerichts fiel zugunsten der Großeltern aus: Statt alle zwei Wochen musste die Tochter der Kaupers nun jede Woche Zeit mit ihren Großeltern verbringen.
„Das Urteil war eine Entscheidung im Sinne der Großeltern, nicht des Kindes“, kritisiert Aline. Nachdem sie den gerichtlichen Vergleich unterzeichnet hatten, suchten die Kaupers einen neuen Anwalt, der den bisherigen Verlauf scharf kritisierte. Denn anders als ein Gerichtsurteil kann ein Vergleich nicht so einfach angefochten werden.
Die Folgen für das Kind
Die Kaupers berichten, dass ihre Tochter nach den Besuchen bei den Großeltern verstummte und vermehrt Alpträume hatte. Diese Veränderungen führten dazu, dass die Besuche zeitweise ausgesetzt wurden – auf Anraten eines Kinderpsychologen.
Die Situation war für die gesamte Familie unerträglich. „Wir haben uns so hilflos gefühlt“, erzählt Benjamin. „Es ist schwer zu verstehen, dass ein Gericht entscheidet, wann wir unsere Tochter sehen dürfen.“
Die Kaupers legten schließlich Beschwerde beim Oberlandesgericht ein, doch auch diese wurde abgewiesen. Sie fühlten sich im Rechtsstreit gefangen, ohne echte Mitspracherechte.
Eine schwierige Balance zwischen Recht und Wohl des Kindes
Der Fall der Kaupers verdeutlicht, wie komplex und emotional Gerichtsentscheidungen im Bereich des Familienrechts sein können. Obwohl das deutsche Gesetz den Kontakt zwischen Großeltern und Enkeln fördert, bleibt die Frage, ob diese Entscheidungen immer im besten Interesse des Kindes getroffen werden. Für die Kaupers ist klar: „Wir wollen nur das Beste für unsere Tochter, und das sollte für das Gericht genauso im Vordergrund stehen.“
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