Ein Entwurf zur neuen Netzentgeltverordnung der Bundesregierung sieht vor, dass Industriebetriebe ihre Produktion künftig nach dem fluktuierenden Angebot von Wind- und Solarenergie ausrichten sollen.
Diese regulatorische Neuausrichtung, die während der Sommerpause zur Konsultation stand und am 18. September abgeschlossen werden soll, erregt weitreichende Besorgnis unter den Wirtschaftsführern.
Strommarktdesign der Zukunft: Flexibilität als Schlüssel?
Die Bundesregierung propagiert das neue Strommarktdesign als wegweisend. Es soll Anreize schaffen, Produktionen hochzufahren, wenn der Wind kräftig weht und die Sonne intensiv scheint und sie zu drosseln, wenn die Energie knapp ist.
Ein solches Modell belohnt flexible Verbrauchsanpassungen mit reduzierten Netzentgelten und soll so die Integration erneuerbarer Energien vorantreiben.
Doch was auf den ersten Blick als sinnvolle Anpassung an eine nachhaltigere Energieversorgung erscheint, könnte für viele Unternehmen eine kaum zu bewältigende Herausforderung darstellen.
Wirtschaftlicher Alarmruf: Flexibilität nicht überall machbar
Wirtschaftsverbände wie der Wirtschaftsrat der CDU warnen in einem offenen Brief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, vor den dramatischen Folgen dieser Neuregelungen.
„Diese Pläne vermitteln das Signal, dass sich Deutschland von einer sicheren und planbaren Industrieproduktion verabschiedet“, erklärt Astrid Hamker, Präsidentin des Wirtschaftsrates.
Insbesondere für Branchen, die auf kontinuierliche Produktionsprozesse angewiesen sind, wie die Chemie- und Metallindustrie, könnte dies fatale Auswirkungen haben.
Zwischen Machbarkeit und ökonomischer Belastung
Christof Günther, Geschäftsführer des Chemieparks Infraleuna, erläutert die technische Problematik:
„Viele unserer Anlagen sind für eine flexible Betriebsweise gar nicht ausgelegt.“
Die Forderung, Produktionen nach dem unbeständigen Wind- und Sonnenangebot zu steuern, könnte nicht nur die Produktionskosten in die Höhe treiben, sondern auch die Qualität und Zuverlässigkeit gefährden.
Die daraus resultierenden höheren Produktionskosten würden die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen stark beeinträchtigen.
Die Antwort der Bundesnetzagentur: Ein Balanceakt
Die Bundesnetzagentur betont, dass man die Belange der Industrie ernst nehme und keinesfalls eine Überforderung der Letztverbraucher riskieren wolle.
„Wir müssen einen Mittelweg finden, der es erlaubt, Flexibilität zu erhöhen, ohne die Industrie zu lähmen“, erklärt ein Sprecher der Behörde.
Doch ob und wie dieser Mittelweg aussehen kann, bleibt inmitten der hitzigen Debatte unklar.