Als die Ampel-Koalition auseinanderbricht, geht ein spürbarer Ruck durch die Wirtschaftswelt. Erleichterung, ja – vor allem bei denen, die das monatelange politische Gezerre längst satt hatten.
Doch für einige Branchen und Unternehmen war der plötzliche Bruch alles andere als ein Grund zur Freude.
Sie hatten gehofft, dass die Regierung bis zuletzt Reformen anstoßen würde, die ihre Arbeit erleichtern oder Märkte neu erschließen könnten. Nun ist für sie erst einmal Warten angesagt – und das mit offenen Fragen.
Kraftwerksbauer:
Kein Bereich wurde von der Ampel so stark umgekrempelt wie der Energiesektor. Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte mit dem sogenannten Kraftwerksicherungsgesetz einen entscheidenden Hebel in der Hand: neue Gaskraftwerke, die als Reserve einspringen sollten, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht.
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Ein lukrativer Markt, den Firmen wie RWE und EnBW im Visier hatten. Auch Siemens Energy hatte bereits Interesse signalisiert und Pläne für Beteiligungen geschmiedet. Doch der Gesetzesentwurf wird nun wohl nicht mehr das Licht der Verabschiedung erblicken.
Die Energiewirtschaft steht vor dem Dilemma: Warten auf eine neue Regierung oder sich von einem milliardenschweren Markt verabschieden?
Anleger und Neo-Broker:
Die Ampel wollte den Kleinanlegern mit einem neuen Vorsorgedepot eine echte Alternative bieten – weg von der veralteten Riester-Rente, hin zu staatlich geförderten Aktien- und ETF-Investments. Neo-Broker wie Trade Republic und Scalable Capital hatten bereits auf einen Boom gehofft, um sich auch als Altersvorsorgeanbieter zu etablieren.
Doch das sogenannte „Lindner-Depot“ ist vorerst Geschichte. Und in der Branche glaubt kaum jemand, dass eine neue Regierung diesen Plan sofort wiederbeleben wird.
„Unsere Strategie war zwar nicht allein auf das Depot ausgerichtet“, hört man aus Kreisen der Neo-Broker, „aber das hätte die Altersvorsorge hierzulande endlich attraktiver gemacht.“
Pflegeeinrichtungen:
Auch die Pflegebranche steht auf der Liste derer, die vom Ampel-Aus wenig begeistert sind. Während die Krankenhausreform von Gesundheitsminister Lauterbach den Bundestag passierte und nun im Bundesrat wartet, fehlen für Pflegeeinrichtungen klare Zusagen.
Lauterbach will Reformen auch nach dem Ende der Koalition angehen – aber ob er ohne Mehrheit Erfolg hat, bleibt ungewiss. Für die Pflegeheime, die bereits unter hohen Kosten und mangelnder Refinanzierung leiden, ist das eine bittere Nachricht. „Uns fehlen die Mittel, um die steigenden Anforderungen zu stemmen“, klagen viele Betreiber.
TÜV-Prüfer:
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ab 2024 ist für viele Firmen Pflicht und könnte der TÜV-Branche neue Aufträge bringen – wenn die Ampel-Koalition ein Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie durch den Bundestag gebracht hätte.
Der Entwurf sah ursprünglich Wirtschaftsprüfer als alleinige Kontrolleure der Berichte vor, aber der TÜV-Verband kämpfte, um ebenfalls Prüfkompetenzen zu erhalten. Nun bleibt das Gesetz vorerst liegen, und viele mittelständische Unternehmen fürchten, dass eine Prüfungspflicht durch Wirtschaftsprüfer ihre Kosten steigen lässt.
„Eine vertane Chance für alle“, kommentiert Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands.