Der AfD-Bundesparteitag in Riesa hatte einen klaren Fokus: die formelle Kür von Alice Weidel zur Kanzlerkandidatin. Erstmals in der Geschichte der Partei schickt sie damit eine Spitzenpolitikerin ins Rennen um das höchste Regierungsamt – und das einstimmig, ohne Gegenkandidatur oder formale Abstimmung.
Weidel selbst nutzte ihre Rede, um radikale Forderungen zu präsentieren und die Richtung ihrer Partei zu festigen: Rückbau der Windenergie, Reaktivierung von Kohle- und Kernkraftwerken und eine Remigrationspolitik, die nicht nur die politische Konkurrenz, sondern auch internationale Beobachter aufhorchen ließ.
Der Populismus der ersten 100 Tage
Weidels Pläne für ihre hypothetischen ersten 100 Tage im Amt strotzen vor Schlagworten, die auf die Kernwählerschaft der AfD abzielen.
Mit Parolen wie „Nieder mit diesen Windmühlen der Schande“ attackierte sie die erneuerbaren Energien, während die Rückkehr zu fossilen Brennstoffen als Mittel zur „Energiesouveränität“ gepriesen wurde.
Dabei ignoriert sie wesentliche wirtschaftliche und ökologische Realitäten: Die weltweite Nachfrage nach klimafreundlichen Technologien und die Abkehr von fossilen Energieträgern schreiten unaufhaltsam voran.
Genauso polarisiert Weidels Vorstoß, russisches Gas wieder durch die Nordstream-Pipelines leiten zu wollen. Experten warnen vor den geopolitischen Risiken und der Gefahr, sich erneut in Abhängigkeit von einem unberechenbaren Russland zu begeben.
Auch die geplanten „Grenzschließungen“ und „Rückführungen in großem Stil“ werfen Fragen nach der Vereinbarkeit mit europäischem Recht und den Kapazitäten der deutschen Verwaltung auf.
Weidels rhetorische Strategie
Die Rede verdeutlichte, warum Alice Weidel als eine der schärfsten Rednerinnen im Bundestag gilt. Ihre Attacken gegen politische Gegner und die Demonstranten vor der Halle – die sie als „rot lackierte Nazis“ bezeichnete – wurden von den Delegierten frenetisch bejubelt.
Doch die Rhetorik allein wird nicht reichen, um den Anspruch auf eine Regierungsverantwortung zu legitimieren.
AfD zwischen Oppositionspolitik und Regierungsanspruch
Die AfD sieht sich laut Umfragen derzeit bei rund 20 Prozent und damit auf Platz zwei hinter der Union. Dennoch bleibt eine Regierungsbeteiligung unrealistisch, da keine andere Partei zu einer Koalition bereit ist.
Diese Isolation wirft die Frage auf, ob die strategische Ausrichtung auf eine Kanzlerkandidatin ein symbolischer Akt oder ein ernsthafter Machtanspruch ist.
Proteste und gesellschaftlicher Widerstand
Der Parteitag fand unter starken Protesten statt, die den Zugang zur Veranstaltungshalle blockierten und zu einem verspäteten Beginn führten.
Die Organisatoren sprechen von bis zu 12.000 Demonstranten, die friedlich, aber bestimmt gegen die AfD-Politik Stellung bezogen. Solche Proteste zeigen, wie tief die gesellschaftliche Spaltung mittlerweile reicht.
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