Volkswagen zieht sich aus Xinjiang zurück – aber nicht ohne Kontroversen. Das Werk in der chinesischen Uiguren-Region, das über Jahre wegen angeblicher Zwangsarbeit in der Kritik stand, wird an den staatlichen Dienstleister SMVIC verkauft.
Der Schritt markiert das Ende einer belasteten Geschäftsbeziehung, die für VW nicht nur ein Reputationsproblem, sondern auch wirtschaftliche Risiken mit sich brachte.
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Doch während der Rückzug aus Xinjiang ein symbolischer Schritt sein mag, zeigt der gleichzeitig verlängerte Joint-Venture-Vertrag mit dem staatlichen Partner SAIC, dass der Konzern weiterhin auf China setzt.
Bis 2040 wollen die Partner gemeinsam neue Modelle entwickeln und produzieren – ein deutliches Bekenntnis zur Abhängigkeit vom wichtigsten Automarkt der Welt.
Xinjiang: Ein politischer und wirtschaftlicher Balanceakt
Volkswagens Präsenz in Xinjiang war von Beginn an eine heikle Angelegenheit. Seit 2013 betrieb der Konzern dort ein Werk, das laut Berichten immer wieder mit staatlichen Repressionen gegen die Uiguren in Verbindung gebracht wurde. Menschenrechtsorganisationen und politische Stimmen warfen dem Konzern vor, indirekt von Zwangsarbeit in der Region zu profitieren.
VW wies diese Vorwürfe stets zurück und betonte, dass alle Standorte strengen Arbeitsstandards unterliegen würden.
Eine Überprüfung im Jahr 2023 bestätigte diese Standards, doch methodische Zweifel an der Unabhängigkeit der Untersuchung blieben bestehen. Mit dem Verkauf des Werks in Urumqi endet nun eine der letzten großen deutschen Investitionen in Xinjiang, nachdem sich auch BASF und andere Unternehmen aus der Region zurückgezogen haben.
Dennoch bleibt ein bitterer Nachgeschmack: Der Rückzug erfolgte erst, als wirtschaftlicher und politischer Druck unerträglich wurde. US-Sanktionen gegen Produkte aus Xinjiang führten bereits dazu, dass VW Komponenten aus fertigen Autos austauschen musste, um sie in den amerikanischen Markt einzuführen.
China bleibt der Schlüsselmarkt – mit Risiken
Trotz des Rückzugs aus Xinjiang zeigt der neue Vertrag mit SAIC, dass China weiterhin im Zentrum von Volkswagens Strategie steht. Seit über 40 Jahren ist VW eine dominierende Kraft im chinesischen Automarkt. Das Land machte 2023 fast die Hälfte der weltweiten Verkäufe des Konzerns aus.
Doch diese Marktdominanz steht auf wackeligen Beinen. Während VW im Verbrennersegment noch führend ist, hinken die deutschen Marken bei Elektroautos den chinesischen Konkurrenten deutlich hinterher.
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Landeschef Ralf Brandstätter setzt daher auf eine Lokalisierungsstrategie: Bis 2030 sollen 18 neue Modelle speziell für den chinesischen Markt entwickelt werden, darunter Elektroautos, Hybride und innovative Verbrennerkonzepte. Zehn dieser Modelle werden mit Verbrennungsmotoren ausgestattet – ein ungewöhnlicher Schritt, der den Wunsch nach Marktanpassung zeigt.
Nachhaltigkeit oder Anpassung an den Markt?
Volkswagens Strategie in China zeigt, wie stark der Konzern auf seinen wichtigsten Markt angewiesen ist. Während Europa sich zunehmend auf Nachhaltigkeit und Elektromobilität konzentriert, bleibt der chinesische Markt durch seine vielfältigen Kundensegmente deutlich komplexer. Der Konzern plant daher sowohl reine Elektroautos als auch Hybridlösungen und innovative Antriebskonzepte.
Gleichzeitig birgt diese Abhängigkeit erhebliche Risiken. Härtere geopolitische Spannungen, wie sie durch die Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus oder Chinas aggressive Außenpolitik entstehen könnten, stellen VW vor mögliche Export- und Produktionshindernisse.
Der US-Markt hat bereits signalisiert, dass Produkte mit Ursprung in Xinjiang sanktioniert werden könnten – ein Warnsignal für globale Unternehmen.