Unternehmer stehen AfD und BSW nicht ablehnend gegenüber
Die Warnungen aus der Wirtschaft gegen eine Regierungsbeteiligung der AfD oder des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) sind zahlreich.
Ob Industrieverband BDI, Chemiekonzern Lanxess oder Maschinenbauer Trumpf – viele Unternehmenschefs befürchten, dass der wirtschaftspolitische Kurs dieser Parteien zu Standortnachteilen und Unsicherheit führen könnte.
Besonders der EU-Austritt, den die AfD propagiert, gilt als wirtschaftliches Risiko.
Doch eine neue Umfrage des Bundesverbands Groß- und Außenhandel (BGA) zeigt ein differenzierteres Bild. Von 721 befragten Unternehmen halten 17 % eine Regierungsbeteiligung von AfD oder BSW für nützlich, während 21 % sie zumindest nicht für schädlich erachten.
Das bedeutet: Vier von zehn Unternehmen hätten keine grundsätzlichen Einwände gegen eine Koalition mit diesen Parteien.
Diese Zahlen überraschen – vor allem angesichts der traditionell EU-freundlichen Haltung der exportorientierten deutschen Wirtschaft.
Frust und wirtschaftlicher Stillstand als Hauptgründe
BGA-Präsident Dirk Jandura sieht die Umfrageergebnisse als Ausdruck tiefer wirtschaftlicher Unzufriedenheit. Seine Diagnose: „Der Frust sitzt tief, bei manchen zu tief.“
Die Gründe für die wachsende Offenheit gegenüber den Parteien am rechten und linken Rand des politischen Spektrums:
- Seit sieben Jahren wirtschaftlicher Stillstand in Deutschland.
- Hohe Insolvenzquoten: Durchschnittlich gehen täglich drei Unternehmen in Deutschland pleite.
- Überregulierung durch Brüssel und Berlin, die besonders mittelständische Unternehmen belastet.
- Mangel an wirtschaftspolitischen Entlastungen, trotz zahlreicher Versprechen.
Gerade im Mittelstand, dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft, wächst die Unzufriedenheit. Die Hälfte der befragten Unternehmen hat bis zu 50 Mitarbeiter und bis zu 50 Millionen Euro Umsatz – also eine typische Struktur des deutschen Mittelstands.
Lesen Sie auch:
EU-Kritik und Bürokratie als zentrale Themen
Auffällig ist, dass selbst in einem Verband wie dem BGA, der den Außenhandel im Namen trägt, die EU-kritische Haltung von AfD und BSW Zuspruch findet.
Einerseits wird die EU als "sicherer Heimathafen" geschätzt, wie Jandura betont. Andererseits fühlen sich viele Unternehmen durch die Brüsseler Regulierungsflut überrollt. Hierbei geht es um Themen wie:
- Lieferkettenrichtlinie: Strenge Vorgaben zu Menschenrechten und Umweltauswirkungen belasten Unternehmen finanziell und administrativ.
- EU-Taxonomie: Neue Nachhaltigkeitskriterien sorgen für zusätzlichen bürokratischen Aufwand.
- Energiepolitik: Unternehmen fordern verlässlichere Rahmenbedingungen und eine Senkung der Energiepreise.
Das zeigt: Die wirtschaftliche Kritik an der EU ist nicht primär ideologisch, sondern hat einen praktischen Hintergrund.
Soziale und wirtschaftliche Forderungen als Belastungsfaktor
Trotz dieser Kritik an der aktuellen Wirtschaftspolitik lehnen 62 % der Unternehmen eine Regierungsbeteiligung von AfD oder BSW klar ab.
Hauptgründe dafür sind:
- Die Forderung der AfD nach einem Rentenniveau von 70 %, die Sozialabgaben und Steuern massiv steigen lassen würde.
- Die EU-Austrittspläne der AfD, die für exportorientierte Unternehmen mit hohen Risiken verbunden wären.
- Die wirtschaftspolitische Unklarheit von BSW, die eine Erhöhung von Unternehmenssteuern nicht ausschließt.
Besonders in Branchen, die auf offene Märkte und freien Handel angewiesen sind, herrscht große Skepsis.
Welche Koalitionen bevorzugen Unternehmer?
Die BGA-Umfrage zeigt auch, welche Koalitionen Unternehmen bevorzugen, sollte die CDU/CSU als stärkste Partei aus der Bundestagswahl hervorgehen:
- 47 % wünschen sich eine Koalition mit der FDP.
- 16 % halten eine CDU/SPD-Regierung für sinnvoll.
- 13 % bevorzugen ein Bündnis aus CDU und Grünen.
- 19 % gaben „eine andere“ Koalition an, ohne sich festzulegen.
Eine klare Mehrheit setzt also auf eine wirtschaftsliberale oder wirtschaftsfreundliche Regierung – unabhängig von der Parteizugehörigkeit.