21. November, 2024

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Warum Tinder und Bumble um Nutzer kämpfen müssen

Online-Dating hat seinen Reiz für viele verloren. Während die Nutzerzahlen stagnieren, schwindet auch die Begeisterung für das ständige Swipen. Innovative Anbieter aus Deutschland setzen jetzt auf völlig neue Ansätze, um Dating wieder interessant zu machen.

Warum Tinder und Bumble um Nutzer kämpfen müssen
Eine YouGov-Umfrage zeigt: Über 50 % der 18- bis 24-Jährigen in Deutschland verzichten mittlerweile ganz auf Dating-Apps.

Dating-Apps in der Krise

Lange galten Tinder und Bumble als Synonyme für die moderne Partnersuche, doch die jüngsten Zahlen erzählen eine andere Geschichte. Der Aktienkurs der Match Group, Tinders Muttergesellschaft, ist seit 2021 um über 80 % gefallen.

Bumble steht mit einem Wertverlust von 91 % seit seinem Börsengang kaum besser da. Gleichzeitig wenden sich vor allem junge Menschen von Dating-Apps ab. Laut einer aktuellen Umfrage von YouGov nutzen mehr als die Hälfte der 18- bis 24-Jährigen in Deutschland gar keine Dating-Plattformen mehr.

„Die Leute haben gemerkt, dass das echte Leben spannender ist“, kommentiert eine TikTokerin pointiert – eine Beobachtung, die durch die Zahlen gestützt wird.

Von Swipes zu Matchmaking: Blindmate wagt Neues

Ein Anbieter, der diesen Trend erkannt hat, ist das Berliner Start-up Blindmate. Die Idee: Freunde übernehmen die Rolle der Kuppler. Statt selbst zu swipen, lassen Singles ihre Freunde mögliche Matches aussuchen.

Gründer Laurenz Reichl erklärt: „Viele haben das ewige Swipen satt. Unser Konzept gibt der Partnersuche wieder eine menschliche Komponente.“

Blindmate setzt auf Authentizität. Während klassische Dating-Apps oft mit KI-gesteuerten Algorithmen arbeiten, vertraut Blindmate auf soziale Netzwerke und die Einschätzung des persönlichen Umfelds.

Die Plattform ist kostenlos und finanziert sich durch Spenden sowie kleinere Investments. „Wir planen Premium-Funktionen, die Matchmaker als Geschenk für ihre Freunde freischalten können“, verrät Reichl.

Vielfalt statt Masse: Jaumo und Lovoo

Ein weiterer deutscher Anbieter, der sich vom klassischen Tinder-Modell abhebt, ist Jaumo. Das Unternehmen bietet verschiedene Apps für unterschiedliche Zielgruppen an: von „Bloom“ für ernsthafte Beziehungen bis „Finally“ für Singles über 50.

Anbieter wie Jaumo und Lovoo nutzen Künstliche Intelligenz, um Nutzer zu schützen – doch emotionale Interaktion bleibt Aufgabe der Menschen.

Gründer Jens Kammerer sieht hierin den Schlüssel, um sich im hart umkämpften Markt zu behaupten: „Die Bedürfnisse unserer Nutzer unterscheiden sich stark. Mit spezialisierten Apps schaffen wir eine gezielte Ansprache.“

Auch der Dresdner Anbieter Lovoo, Teil der ParshipMeet Group, setzt auf Diversität. Neben dem klassischen Dating werden Community-Elemente wie Live-Chats immer wichtiger, um die Nutzer zu binden. „Wir bündeln unsere Fähigkeiten, um effizienter zu operieren und unsere Marktposition zu stärken“, erklärt das Unternehmen.

Der Schatten des Erfolgs

Die Krise der großen Anbieter zeigt: Erfolg im Online-Dating bringt auch Probleme mit sich. Anbieter wie Tinder und Bumble stehen unter Verdacht, ihre Algorithmen zu manipulieren, um Nutzer länger auf der Plattform zu halten.

Das sogenannte „Churn Paradox“ – wenn erfolgreiche Matches die Nutzerzahlen senken – macht die Monetarisierung zusätzlich schwierig.


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„Mit einer App, die über 100.000 Mitglieder hat, lassen sich keine Gehälter für größere Teams zahlen“, erklärt Reichl. Trotzdem sei ein Geschäftsmodell, das auf Manipulation basiert, keine langfristige Lösung.

Neue Technologien, alte Probleme

Künstliche Intelligenz gilt als großer Hoffnungsträger im Online-Dating. Anbieter wie Jaumo und die ParshipMeet Group setzen auf KI, um Fake-Profile und Spam zu verhindern. Gleichzeitig sehen viele die Grenzen der Technologie. „Emotionale Interaktion kann eine KI nicht ersetzen“, betont Reichl.

Während KI immer häufiger genutzt wird, um Profile zu optimieren, lehnen Anbieter wie Lovoo den Einsatz für direkte Matches ab. „Am Ende sollen sich Menschen kennenlernen, nicht zwei KI-Assistenten miteinander chatten“, erklärt das Unternehmen.

Das Ende des Swipes?

Die Dating-App-Branche steht vor einem Wendepunkt. Klassische Modelle verlieren an Reiz, während neue Ansätze wie die von Blindmate und Jaumo frischen Wind in den Markt bringen. Dennoch bleibt die Branche unter Druck: Nutzer wollen Authentizität, weniger Algorithmen und mehr echte Verbindungen.