07. Januar, 2025

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Warum Norwegen den globalen Elektroauto-Boom an anführt

In Norwegen sind fast 90 Prozent der Neuwagen elektrisch. Ein Mix aus Anreizen, Steuern und langfristigen Strategien hat das ölreiche Land zum Vorreiter gemacht.

Warum Norwegen den globalen Elektroauto-Boom an anführt
Tesla bleibt Spitzenreiter: Mit Modellen wie dem Model Y führt Tesla den norwegischen Markt an, während Volkswagen und Toyota um Marktanteile kämpfen.

Norwegen steht kurz davor, Geschichte zu schreiben: 88 Prozent der im vergangenen Jahr verkauften Neuwagen waren Elektroautos. Damit ist das skandinavische Land dem Ziel, ab 2025 ausschließlich Elektroautos zuzulassen, näher als jede andere Nation.

Während die Europäische Union mit stagnierenden Verkaufszahlen kämpft, zeigt Norwegen, wie Elektromobilität konsequent umgesetzt werden kann.

Ein System aus Anreizen statt Verboten

Norwegens Erfolgsgeheimnis liegt in einem umfassenden Maßnahmenpaket, das auf steuerliche Anreize statt auf Verbote setzt. Diesel- und Benzinfahrzeuge unterliegen hohen Einfuhrzöllen, während Elektroautos vollständig von diesen Abgaben befreit sind.

Zudem profitieren Käufer von E-Autos von Steuererleichterungen, kostenfreien Parkplätzen und niedrigeren Mautgebühren.

Christina Bu, Vorsitzende des norwegischen Elektroauto-Verbandes, erklärt: „Das Wichtige ist die Beständigkeit. Viele Länder schaffen zunächst Anreize, ziehen diese aber später wieder zurück. In Norwegen hat die Regierung die Maßnahmen langfristig vorhersehbar gemacht.“

Auch die Vize-Verkehrsministerin Cecilie Knibe Kroglund betont: „Ein großes, konsistentes Anreizpaket ist der Schlüssel zum Erfolg.“

Norwegen dominiert: Fast 90 % aller Neuwagenkäufe im Jahr 2024 waren Elektroautos – ein Rekord, der durch steuerliche Vorteile und hohe Abgaben auf Verbrenner ermöglicht wurde.

Vorteil: Keine heimische Autoindustrie

Norwegen hat zudem einen strukturellen Vorteil: Es gibt keine eigene Autoindustrie, deren Interessen die Politik berücksichtigen müsste.

Ulf Tore Hekneby, Geschäftsführer des größten Fahrzeugimporteurs Harald A. Moeller, erklärt: „Das hat es der Regierung erleichtert, hohe Steuern auf Verbrennerfahrzeuge zu erheben.“

Das führte dazu, dass Elektroautos den Markt in kürzester Zeit dominierten. Im Jahr 2024 war Tesla der meistverkaufte Hersteller, gefolgt von Volkswagen und Toyota. Auch chinesische Hersteller gewinnen Marktanteile und unterstreichen den internationalen Wettbewerb.

Kontrast zur Europäischen Union

Während Norwegen als Vorzeigebeispiel gilt, hinkt die EU bei der Elektromobilität hinterher. Besonders in Deutschland hat das abrupte Ende der Umweltprämie für E-Autos die Nachfrage einbrechen lassen. Gleichzeitig verschärfen strengere CO2-Flottengrenzwerte den Druck auf die Autoindustrie.

BMW-Chef Oliver Zipse warnt vor einem überstürzten Verbrenner-Aus bis 2035: „Das Risiko besteht, dass Europa von chinesischen Zulieferern abhängig wird.“ Zudem könnten sich Käufer kurz vor Ablauf der Frist mit Verbrennerfahrzeugen eindecken, was den Markt für Neuwagen weiter destabilisieren würde.


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Mehr Ladepunkte für eine elektrische Zukunft

Die Umstellung auf Elektroautos ist in Norwegen nicht nur auf dem Neuwagenmarkt sichtbar. Auch die Infrastruktur entwickelt sich rasant. Tankstellenbetreiber wie Circle K planen, in den nächsten drei Jahren mindestens so viele Ladesäulen wie Zapfsäulen zu installieren.

„Mehr als die Hälfte der Autos in Norwegen wird bald elektrisch sein. Unsere Aktivitäten müssen sich daran anpassen,“ sagt Anders Kleve Svela, Manager bei Circle K.

Dennoch bleiben einige Käufergruppen den Verbrennern treu, darunter Mietwagenfirmen, die sich nach wie vor auf Diesel- und Benzinfahrzeuge verlassen. Ein Grund dafür: Viele Touristen sind mit Elektroautos nicht vertraut.