Schon wieder. Zum zweiten Mal in acht Jahren hat Donald Trump die US-Präsidentschaftswahl gewonnen, und erneut verblüfft das Ergebnis die Experten. Nicht, weil Trump noch immer ein ungewöhnlicher Kandidat ist, sondern weil die Umfragen – wie schon 2016 – die reale Unterstützung für ihn unterschätzten.
Vor allem in den entscheidenden Swing States zeigten sich diesmal deutliche Diskrepanzen zwischen den Vorhersagen und den tatsächlichen Ergebnissen.
Nehmen wir North Carolina: Noch kurz vor der Wahl hatten die führenden Umfrageinstitute Trump einen knappen Vorsprung von 1,2 Prozentpunkten zugeschrieben.
Am Ende gewann er mit 51 Prozent zu 47,4 Prozent. Auch in Pennsylvania, einem Bundesstaat, der für die Entscheidung zentral ist, lag Trump laut Umfragen lediglich 0,4 Punkte vorn – tatsächlich setzte er sich mit über 2,5 Prozentpunkten Vorsprung gegen Kamala Harris durch.
Diese Abweichungen werfen die Frage auf, ob die Umfrageinstitute seit 2016 wirklich aus ihren Fehlern gelernt haben.
Ein genauer Blick auf die Swing States
Besonders auffällig ist, wie konstant Trump in den Swing States besser abschneidet, als vorhergesagt. Der britische „Telegraph“ berichtet, dass Trump durchschnittlich drei Prozentpunkte mehr erzielte als prognostiziert – eine signifikante Abweichung, die sich auch in anderen Staaten zeigt: In Wisconsin, Michigan und Georgia, Staaten, die Trump laut Umfragen knapp verlieren sollte, steht er aktuell als Gewinner da.
In Iowa war die Vorhersage besonders daneben. Noch wenige Tage vor der Wahl hatte eine Umfrage Kamala Harris in dem traditionell republikanischen Staat vorn gesehen, was damals für großes Aufsehen sorgte.
Am Wahlabend selbst ging Iowa jedoch mit klarem Vorsprung an Trump. Einiges deutet darauf hin, dass die Unterstützung für Trump in bestimmten Bevölkerungsgruppen von den Instituten massiv unterschätzt wurde.
Demografie und Dynamiken: Was die Umfragen übersehen
Einige Beobachter und Experten vermuten, dass Trumps Anhängerschaft nicht in allen demografischen Gruppen genau erfasst wurde. Beispielsweise wählten viele hispanische Amerikaner in Schlüsselmärkten wie Florida und Texas Trump – ein Trend, der sich laut Umfragen eigentlich nicht so stark abzeichnen sollte.
Auch unter Afroamerikanern und Frauen erzielte Trump höhere Anteile als erwartet. Die Annahme, dass sich Frauen und Afroamerikaner überwiegend für Harris entscheiden würden, erwies sich als Fehleinschätzung.
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Doch warum lagen die Institute schon wieder daneben? Ein wesentlicher Punkt ist die Zusammensetzung der Umfragen selbst. Viele Institute haben ihre Methoden zwar seit 2016 angepasst, um auch schwer erreichbare oder republikanisch gesinnte Wähler besser einzubeziehen, doch diese Anpassungen scheinen noch nicht weitreichend genug gewesen zu sein.
Warum die Anpassungen der Institute nicht reichten
Die Abweichungen lassen vermuten, dass Trump-Wähler weiterhin von klassischen Umfragemethoden nur schwer zu erfassen sind. Insbesondere Anhänger, die aus Misstrauen gegenüber Medien und Institutionen nicht bereit sind, ihre politische Präferenz preiszugeben, stellen ein Problem dar.
Dieser sogenannte „Shy Trump Effect“ könnte auch 2024 eine Rolle gespielt haben: Wähler, die Trump unterstützen, äußern dies möglicherweise seltener in Umfragen, was die Prognosen zu seinen Gunsten verzerrt.
Hinzu kommt die Frage nach der Repräsentativität: Trotz intensiver Bemühungen, ein ausgewogenes Bild der amerikanischen Wählerschaft abzubilden, gelingt es den Instituten anscheinend nicht, alle relevanten demografischen Gruppen in ausreichendem Maße zu berücksichtigen.
Besonders in ländlichen Gebieten oder unter bestimmten Berufsgruppen scheint die Zustimmung für Trump höher gewesen zu sein, als es die Umfragen vermuten ließen.
Lernen für die Zukunft?
Auch wenn die Umfrageinstitute seit 2016 an ihrer Methodik gearbeitet haben, zeigt die Wahl 2024 erneut, dass die Vorhersagekraft bei einem Kandidaten wie Trump an Grenzen stößt.
Eine Frage bleibt: Sind herkömmliche Umfragemethoden überhaupt noch in der Lage, ein realistisches Bild der Wählerschaft abzubilden, oder brauchen wir neue Ansätze, um die politischen Stimmungen in den USA korrekt zu erfassen?
Donald Trumps erneuter Überraschungssieg wirft jedenfalls ein Schlaglicht auf die Herausforderungen der modernen Demoskopie. Die Frage, die sich nach dieser Wahl stellt, ist nicht nur, wie gut die Institute für zukünftige Wahlen gerüstet sind, sondern auch, ob sie die zugrunde liegenden Dynamiken besser verstehen können.