Warum Anleger wieder auf Big Tech setzen
Es braucht keine Wunder, nur ein paar gute Quartalszahlen – und plötzlich sind sie wieder da: Apple, Amazon, Alphabet, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla. Die „Magnificent Seven“, jene Gruppe von US-Tech-Giganten, die seit Jahren die Kursentwicklung des S&P 500 wie kaum etwas anderes prägt, erleben gerade ein bemerkenswertes Zwischenhoch.
Und mit ihnen könnte auch die Dominanz des US-Aktienmarkts zurückkehren, warnt – oder besser: verspricht – die Investmentbank Morgan Stanley in einer aktuellen Analyse.
Von der Korrektur zum Comeback
Noch zum Jahresbeginn standen die Zeichen auf Abstieg. Meta war die einzige Aktie der „Mag 7“, die überhaupt ein Plus verbuchte. Die übrigen Titel litten unter Gewinnmitnahmen, KI-Konkurrenz aus China und einem erstarkten US-Dollar, der Exportmärkte erschwerte.
Doch seit wenigen Tagen dreht sich der Wind. Die Märkte wittern ein Comeback – nicht nur wegen der jüngsten Kursgewinne von Tesla (+10 %), Nvidia (+4 %) oder Alphabet (+2 %), sondern vor allem wegen des wachsenden Optimismus unter Analysten.
Morgan Stanley-Chefstratege Mike Wilson sieht die Gruppe „am Wendepunkt“. Die US-Börsen könnten sich bald wieder stärker entwickeln als europäische Märkte. Ein Grund: Die Kapitalrotation Richtung Europa sei nur erfolgt, weil die amerikanischen Schwergewichte zeitweise schwächelten. Sobald diese ihre Führungsrolle zurückerobern, sei eine Umkehr dieser Kapitalströme wahrscheinlich.
Schwächerer Dollar als Rückenwind
Ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung ist der US-Dollar selbst. Nachdem der Greenback seit Jahresbeginn fast fünf Prozent an Wert eingebüßt hat, verbessert sich das Exportumfeld für US-Konzerne spürbar. Ein schwächerer Dollar erhöht die Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Produkte im Ausland – und damit die Ertragsaussichten der multinational agierenden Tech-Konzerne.
Daten von FactSet zeigen: Immer dann, wenn der Dollar gegen den Euro fällt, steigen tendenziell auch die Gewinnrevisionen im S&P 500 im Vergleich zu Europa. Genau das zeichnet sich nun wieder ab. Morgan Stanley erwartet, dass diese positive Dynamik die Bewertungsunterschiede zwischen US- und Eurozonenaktien erneut vergrößern könnte – zugunsten der USA.

Frisches Geld für frische Hoffnung
Parallel strömt auch neues Kapital in die US-Märkte: Laut Zahlen der Bank of America flossen vergangene Woche rund 34,1 Milliarden US-Dollar in US-Aktien – der höchste Wert seit Jahresbeginn. Ein deutliches Signal, dass viele institutionelle Investoren auf eine Fortsetzung der Rally setzen.
Die Gewinnerwartungen der „Magnificent Seven“ beginnen sich laut Morgan Stanley zu stabilisieren. Das ist bemerkenswert, da gerade dieser Punkt in den vergangenen Monaten für Zurückhaltung gesorgt hatte.
Zu ambitioniert schienen viele Bewertungen, zu optimistisch die Hoffnung auf ewiges KI-Wachstum. Nun aber, so das Analysehaus, könne aus einer Bodenbildung eine neue Aufwärtswelle entstehen.
Europas Abhängigkeit bleibt
Für Europa ist das eine heikle Entwicklung. In den letzten Monaten hatten sich europäische Märkte, angeführt vom DAX und dem Eurostoxx 50, vergleichsweise gut gehalten – teilweise, weil internationale Anleger in den USA Gewinne realisierten und das Kapital umschichteten.
Das könnte sich nun ändern. Sollte der Rückenwind aus Übersee versiegen, müsste Europa eigenständig überzeugen – was angesichts stagnierender Wachstumsaussichten und geopolitischer Unsicherheiten schwer werden dürfte.
Weniger Musk, mehr Masse?
Ob sich das Muster der vergangenen Jahre jedoch wiederholt, ist offen. Denn anders als in früheren Tech-Hypes – von Dotcom über Cloud bis AI – sind viele Investoren inzwischen vorsichtiger.
Tesla hat mit schrumpfenden Margen und Nachfrageproblemen zu kämpfen, Apple leidet unter Absatzproblemen in China, Meta unter regulatorischem Druck. Und auch Nvidia, der Überflieger des vergangenen Jahres, ist kein Selbstläufer mehr, wenn sich KI-Investitionen langsamer auszahlen als geplant.
Zudem: Die Dominanz weniger Tech-Werte macht die Märkte anfällig. Schon jetzt entfallen mehr als ein Drittel der S&P-500-Marktkapitalisierung auf gerade einmal sieben Aktien. Das bedeutet: Wenn eine dieser Aktien ins Straucheln gerät, wackelt der ganze Index. Ein „Index-Risiko“, das nicht zu unterschätzen ist.
Noch kehrt keiner zurück auf den Thron
Ob das Comeback der „Magnificent Seven“ nachhaltig ist oder nur eine technische Zwischenerholung bleibt, wird sich in den kommenden Quartalen zeigen – spätestens mit der nächsten Berichtssaison.
Doch eins steht fest: Noch immer bewegt keine Gruppe von Unternehmen die Weltbörsen so sehr wie diese sieben Tech-Titanen. Und solange sie nicht endgültig entzaubert sind, bleibt der US-Markt das Zentrum der globalen Börsenwelt – ob man will oder nicht.
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