Regeln, die den Wohnungsbau bremsen
Kaum ein Thema erhitzt die Gemüter in der Immobilienbranche derzeit mehr als die EU-Taxonomie, das Regelwerk zur Förderung nachhaltigen Wirtschaftens. Die Grundidee: Kapital in grüne Investitionen lenken und so den Klimaschutz voranbringen.
Doch das Ergebnis zeigt deutliche Schwächen. Besonders hart trifft es den Gebäudesektor, kritisieren der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) und der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp).
Die Regularien machen Wohnraum nicht nur teurer, sondern behindern die dringend notwendige Sanierung von Altbauten – und das, obwohl Sanierungen weitaus mehr CO₂ einsparen könnten als Neubauten.
„Die EU-Taxonomie belohnt ausschließlich Gebäude mit der besten Energieeffizienz, was Kapital in bereits hochwertige Immobilien lenkt. Das stigmatisiert ältere Gebäude und verhindert dringend notwendige Sanierungen“, erklärt Axel Gedaschko, Präsident des GdW. Das sei kontraproduktiv für die Klimaziele, so Gedaschko weiter.
Teurer Neubau, stockende Sanierungen
Die Zahlen, die GdW-Vizepräsidentin Ingeborg Esser nennt, sind alarmierend: Neubauten, die den Anforderungen der EU-Taxonomie gerecht werden, kosten bis zu 300 Euro mehr pro Quadratmeter.
Hintergrund ist die Forderung, dass Gebäude nicht nur den bereits strengen deutschen Energieeffizienzstandard erfüllen müssen, sondern diesen noch um zehn Prozent übertreffen sollen.
„Das konterkariert bezahlbaren Wohnungsbau“, kritisiert Esser.
Währenddessen macht die EU-Gebäuderichtlinie klar, dass der Fokus auf der Sanierung der energieineffizientesten Gebäude liegen sollte. Dieser Widerspruch erschwert es, Sanierungsmaßnahmen gezielt voranzutreiben.
Sanierungen unter Druck
Sanierungen, so Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des vdp, werden durch die EU-Regeln massiv erschwert. Besonders problematisch ist die Bewertung von Altbauten: Gebäude mit niedrigen Energieeffizienzklassen gelten als Risikoobjekte, was zu schlechteren Kreditkonditionen führt.
„Das belastet private Hausbesitzer genauso wie kommunale Wohnungsunternehmen, die ohnehin unter steigenden Zinsen und hohen Baukosten leiden“, sagt Tolckmitt.
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Ein Beispiel: Nach der EU-Taxonomie gelten Sanierungen nur dann als konform, wenn der Energieverbrauch des Gebäudes um mindestens 30 Prozent reduziert wird. Für viele Eigentümer ist das ein unrealistisches Ziel.
Häufig fehlt das nötige Kapital, um umfassende Maßnahmen wie eine komplette Fassadensanierung oder den Austausch der Heiztechnik durchzuführen. „In kleinen Schritten zu sanieren, ist nach den Regeln nicht vorgesehen – und genau das ist das Problem“, betont Gedaschko.
„Planwirtschaftliches Denken“ in der EU?
Auch unabhängige Experten äußern harsche Kritik. Ulrich Nack, Immobilien-Experte an der EBZ Business School, sieht in der EU-Taxonomie ein Beispiel für überzogene Regulierung: „Die Regeln basieren auf der Idee zentraler Steuerung, doch in der Praxis führen sie zu kontraproduktiven Ergebnissen.“
Seiner Meinung nach müssten die Vorschriften flexibler gestaltet werden, um die Sanierung einer breiten Masse von Gebäuden zu ermöglichen, anstatt nur Vorzeigeobjekte zu fördern.
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