24. November, 2024

Politik

Warum die Ampel Ihre Zuwanderungsziele verfehlt

Trotz Reformen und Werbekampagnen bleibt die Bundesregierung bei ihrer Fachkräfteanwerbung hinter den Erwartungen. Chancenkarte und Visa-Ziele verfehlen die angestrebte Wirkung.

Warum die Ampel Ihre Zuwanderungsziele verfehlt
Trotz erhöhter Nachfrage fehlen Personal und Digitalisierung in den Botschaften, wodurch die Zahl der erteilten Fachkräfte-Visa mit 74.000 deutlich unter dem Ziel von 120.000 bleibt.

Deutschland braucht sie dringend, doch sie kommen kaum: die ausländischen Fachkräfte, die Arbeitsminister Hubertus Heil und seine Kollegen in einem Kraftakt nach Deutschland holen wollen.

Die Chancenkarte, die neue Hoffnung der Ampel für eine vereinfachte Zuwanderung, erweist sich schon kurz nach ihrer Einführung als Ladenhüter. Im Juni gestartet, zählt sie bis Ende September nur rund 2.360 Anträge – weit entfernt von den 10.000, die man sich erhofft hatte.

Dabei sollte die Karte den Fachkräftebedarf decken, indem sie Zuwanderern die Jobsuche vor Ort erlaubt, ohne vorher einen Arbeitsvertrag vorweisen zu müssen.

Visa-Engpässe und Bürokratie: Eine zähe Bremse


Auch die Vergabe der Arbeitsvisa, einer der zentralen Mechanismen für den Zugang ausländischer Fachkräfte, läuft schleppend. Zwischen November 2023 und Anfang Oktober 2024 erteilte das Auswärtige Amt nur 74.000 Visa für Fachkräfte – das selbst gesteckte Ziel von 120.000 liegt in weiter Ferne.

Botschaften klagen über Personalmangel und unzureichende Digitalisierung, wodurch der Antragsprozess zu einem Nadelöhr wird.

„Das Versprechen eines schnellen Deutschland-Tempos wirkt da oft wie blanke Theorie“, kritisiert die OECD bereits seit Jahren.

Chancenkarte: Gut gemeint, kaum genutzt

Obwohl die Hürden für die Chancenkarte niedrig gehalten wurden, die Verdienstgrenzen gesenkt und der Familiennachzug erleichtert wurden, ist die Nachfrage gering.

Ein Grund dafür könnte die fehlende Attraktivität für Bewerber sein: Auch wenn Sprachkenntnisse und berufliche Qualifikationen nicht zwingend nachgewiesen werden müssen, finden sich in Deutschland wohl nicht genug passende Jobangebote, um potenzielle Fachkräfte dauerhaft anzuziehen.

Die Ampel-Regierung hatte mit der Chancenkarte große Erwartungen, doch die Nachfrage bleibt hinter den selbstgesteckten Zielen zurück – bisher nur 2.360 Anträge statt der erwarteten 10.000.

Experten sehen Handlungsbedarf

Laut Migrationsrechtsexperten wie Marius Tolleneare von Fragomen Global LLP gibt es an entscheidender Stelle Nachbesserungsbedarf: „Anstatt sich ausschließlich auf neue Recruitingprozesse zu konzentrieren, sollte der Staat mehr in die Verwaltung und einen reibungslosen Ablauf der Anerkennungsprozesse investieren.“

Nur mit klaren Rahmenbedingungen und effizienten Verfahren könne Deutschland langfristig eine Anlaufstelle für qualifizierte Arbeitskräfte werden.

Verjüngung der Erwerbsmigration – aber kein Durchbruch

Einen kleinen Fortschritt zeigt die Statistik immerhin: Die Fachkräfte, die nach Deutschland kommen, sind inzwischen im Durchschnitt jünger. Der Anteil der Zuwanderer zwischen 18 und 31 Jahren stieg auf 61 Prozent.

Auch der Frauenanteil unter den Zuwanderern wuchs auf 39 Prozent. Doch das eigentliche Ziel, die deutsche Wirtschaft zu stützen, bleibt außer Reichweite.

Jährlich müssten 400.000 neue Arbeitskräfte hinzugewonnen werden, um den demografischen Wandel abzufedern – eine Zahl, die man aktuell kaum in Reichweite sieht.

Deutschland als „Zuwanderungsland“? Ein gespaltenes Bild

Die meisten Arbeitskräfte kommen inzwischen aus Indien, dicht gefolgt von Rumänien, Polen und Nordafrika. Doch die Fluktuation bleibt hoch, wie die Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen: Von den rund 12,5 Millionen Migranten, die zwischen 2015 und 2022 ins Land kamen, sind bereits wieder rund 60 Prozent weitergezogen. Insbesondere Fachkräfte scheinen mit den Hürden und den Arbeitsbedingungen zu kämpfen.

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