Die Lage spitzt sich zu
„Wir verlieren stündlich Aufträge.“ Mit diesen Worten beschreibt Christian Vietmeyer, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung, die verzweifelte Situation seiner Branche.
Doch nicht nur dort schrillen die Alarmglocken. Laut einer aktuellen Ifo-Umfrage bangen 7,3 Prozent aller deutschen Unternehmen um ihre Existenz – fast doppelt so viele wie zu Jahresbeginn.
esonders heftig trifft es den Einzelhandel, wo fast 14 Prozent der Unternehmen tiefgreifende wirtschaftliche Probleme melden.
Die Ursachen? Eine toxische Mischung aus sinkender Nachfrage, steigenden Kosten und wachsender internationaler Konkurrenz. Hinzu kommen hohe Energiepreise und immer mehr bürokratische Hürden, die viele Betriebe zusätzlich lähmen.
Einzelhandel unter Druck
Der Einzelhandel ist laut der Ifo-Studie die am stärksten betroffene Branche. Mit einer Betroffenheitsquote von 13,8 Prozent steht fast jedes siebte Unternehmen mit dem Rücken zur Wand.
„Die Konsumzurückhaltung der Verbraucher trifft die Handelsunternehmen ins Mark“, kritisierte jüngst HDE-Präsident Alexander von Preen.
Doch nicht nur die Zurückhaltung der Konsumenten bereitet Sorgen. Drastisch gestiegene Energie- und Personalkosten belasten die Unternehmen zusätzlich. Zudem stoßen sie auf immer neue bürokratische Anforderungen, die laut von Preen „den Ideenreichtum und Tatendrang“ der Händler bremsen.
Industrie in der Abwärtsspirale
Auch das verarbeitende Gewerbe ist stark betroffen. Hier hat sich die Betroffenheitsquote von 6,4 auf 8,6 Prozent erhöht. Besonders alarmierend ist der Produktionsrückgang in der Stahl- und Metallverarbeitung.
Die Branche verzeichnete bis September ein Minus von 7,2 Prozent. „Die Energiepreise fressen uns auf“, klagt Vietmeyer.
Die Lage sei so kritisch, dass viele Mittelständler mit einer Abwanderung ins Ausland liebäugeln. Was bleibt, ist der Ruf nach politischen Lösungen. „Wir brauchen endlich Maßnahmen, die greifen, statt endloser Gipfeltreffen ohne Ergebnis“, fordert Vietmeyer.
Gründungen brechen ein, Insolvenzen steigen
Die Schwierigkeiten sind nicht nur ein Problem bestehender Unternehmen. Auch bei den Neugründungen zeichnet sich ein düsteres Bild. In den ersten neun Monaten des Jahres sank die Zahl der Unternehmensgründungen um knapp ein Prozent. Besonders dramatisch ist der Rückgang bei Kleinunternehmen – hier verzeichnete das Statistische Bundesamt einen Einbruch von gut 25 Prozent.
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Parallel dazu steigt die Zahl der Insolvenzen weiter an. Der Kreditversicherer Allianz Trade prognostiziert für 2024 rund 22.200 Firmenpleiten – ein Anstieg von 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Hinzu kommen tausende Gewerbeabmeldungen, die nicht in der Insolvenzstatistik auftauchen, aber ebenso die schwierige Lage widerspiegeln.
Ein Land der Bürokratie statt der Tatkraft?
Viele Unternehmer sehen den Hauptgrund für die Misere in der Politik. Während sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschlechtern, bleibt die Ampel-Koalition aus Sicht der Wirtschaft Antworten schuldig.
„Deutschland hat kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“, so von Preen.
Die Liste der Forderungen ist lang: niedrigere Energiepreise, weniger Bürokratie, gezielte Entlastung für Mittelständler.
Ob diese Maßnahmen rechtzeitig kommen, um den anhaltenden Negativtrend zu stoppen, bleibt fraglich. Klar ist jedoch: Ohne spürbare Entlastungen wird die deutsche Wirtschaft weiter unter Druck geraten – mit gravierenden Folgen für Beschäftigte und den Standort insgesamt.