Die Zeichen stehen auf Rot: Deutschlands Kreditgeschäft lahmt, und das im Vergleich zu fast allen anderen Ländern der Eurozone. Während in Ländern wie Litauen, Griechenland oder Frankreich die Kreditvergabe deutlich zulegt, hinkt Deutschland hinterher.
Laut einer Analyse von Barkow Consulting wuchs das Kreditvolumen hierzulande bis Ende Juli 2024 nur um 0,6 Prozent – der Durchschnitt in der Eurozone liegt bei 1,5 Prozent.
„Deutschland ist vom Rest Europas abgehängt“, so das klare Fazit von Barkow.
Schwächelnde Konjunktur bremst Kreditgeschäft
Noch bis zum Frühjahr 2024 war das Kreditwachstum in Deutschland stabil. Doch seitdem zeigt sich ein klarer Abwärtstrend. Besonders hart trifft es den Unternehmenssektor: Die Nachfrage nach neuen Darlehen ging im letzten Jahr um 0,5 Prozent zurück – ein deutliches Zeichen dafür, dass viele Firmen auf Investitionen verzichten.
Zum Vergleich: In den letzten fünf Jahren lag das Kreditwachstum durchschnittlich bei 4,3 Prozent.
Auch der Immobilienmarkt, einst ein stabiler Pfeiler, zeigt Anzeichen von Schwäche. Zwar stieg die Kreditvergabe für Baufinanzierungen noch um 1,1 Prozent, doch das ist im Vergleich zu den vergangenen Jahren ein minimaler Zuwachs. Einzig die Konsumentenkredite konnten zuletzt stärker wachsen als im Fünf-Jahres-Durchschnitt.
Deutschland im Abwärtstrend – und keine Besserung in Sicht
Die schwache Kreditvergabe spiegelt die allgemeine Konjunkturlage wider. Die deutsche Wirtschaft steckt seit Monaten in einer Flaute, und die Aussichten sind düster. Für das gesamte Jahr 2024 erwarten Experten nur noch ein Miniwachstum – oder gar eine Stagnation.
Die Bundesbank rechnet sogar mit einem weiteren Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im dritten Quartal. Besonders die Industrie leidet unter steigenden Kosten für Energie, Rohstoffe und Personal. Die schwache Nachfrage aus dem Ausland verschärft die Lage zusätzlich.
Deutschland wird bei den Wachstumszahlen zunehmend von anderen Euro-Ländern überholt. Länder wie Frankreich oder die Niederlande zeigen ein deutlich dynamischeres Bild. Und das hat Folgen: Ohne Investitionen fehlt der Wirtschaft die nötige Dynamik, um sich aus der Krise zu befreien. Die Zurückhaltung bei neuen Krediten verschärft die Probleme.
Mittelstand zögert bei Investitionen
Laut dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) ist der Mittelstand, traditionell das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, zwar finanziell stabil. Doch die Bereitschaft, neue Investitionen zu tätigen, bleibt gering.
Trotz einer Eigenkapitalquote von 37 Prozent – ein Zeichen solider Finanzpolster – halten sich die Unternehmen zurück. Die Sparkassen wären bereit, Kredite zu vergeben, doch viele Firmen zögern angesichts der unsicheren Konjunkturaussichten.
„Die Unternehmen warten ab“, erklärt DSGV-Chef Ulrich Reuter.
Auch wenn die Kreditnachfrage im Juli leicht über dem Vorjahresniveau lag, ist das insgesamt zu wenig, um von einer Erholung zu sprechen. Es herrscht eine allgemeine Unsicherheit, was die wirtschaftliche Zukunft betrifft. Ohne klare Perspektiven bleiben Investitionspläne auf Eis.
Banken unter Druck: Weniger Kredite, höhere Risiken
Für die Banken wird das schwache Kreditgeschäft zunehmend zur Belastung. Zum einen schrumpft das Neugeschäft, was sich direkt negativ auf das Zinsergebnis auswirkt – eine der wichtigsten Einnahmequellen der Banken.
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Zum anderen steigen die Risiken, denn die anhaltend schlechten Konjunkturaussichten erhöhen die Gefahr von Kreditausfällen. Die Banken müssen mehr Geld zurücklegen, um sich gegen mögliche Zahlungsausfälle abzusichern.
Für kleinere Institute, die stark vom Kreditgeschäft abhängig sind, wird die Lage besonders schwierig. Das schrumpfende Kreditvolumen und die wachsende Risikovorsorge drücken die Gewinne und gefährden die Stabilität dieser Banken.
Eine Krise mit Langzeitfolgen?
Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck – und das schwache Kreditwachstum ist ein deutliches Warnsignal. Während andere Länder ihre Wirtschaft ankurbeln, steckt Deutschland in einer Konjunkturflaute fest.
Die Zurückhaltung bei Krediten, vor allem im Unternehmenssektor, verschärft die Probleme. Ohne Investitionen gibt es keine Wachstumsperspektive, und die Banken stehen vor der Herausforderung, mit weniger Geschäft und höheren Risiken umzugehen.