Als der Kurs von Semtech am Donnerstagabend um über 13 Prozent anzog, war das nicht nur eine technische Erholung – es war ein Statement. In einem Jahr, das für Halbleiterwerte bislang vor allem Abwärtsspiralen, Kurswarnungen und Nachfragezweifel bereithielt, sticht der kleine US-Chiphersteller mit einer bemerkenswerten Ausnahmeerscheinung hervor.
Der Grund: Der überraschende Rebound beim Geschäft mit Rechenzentren, insbesondere getrieben durch die Nachfrage nach KI-Infrastruktur.
Umsatzsprung gegen den Trend
Im vierten Quartal erzielte Semtech einen Umsatz von 251 Millionen Dollar – ein Plus von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und über den Analystenschätzungen.
Besonders beeindruckend: Die Verkäufe im Segment Datacenter erreichten ein neues Rekordhoch von 50 Millionen Dollar. Gegenüber dem Vorquartal bedeutet das ein Plus von 16 Prozent, im Jahresvergleich sogar ein Zuwachs von 183 Prozent.
Semtech-CEO Hong Hou sprach in der Analystenkonferenz von einer "anhaltenden Stärke im Infrastrukturgeschäft", die sich insbesondere im Bereich Rechenzentren zeige. Man erwarte, dass dieser Bereich auch im ersten Quartal 2025 weiterhin für Wachstum sorgen werde.
Comeback mit Makeln
Trotz dieser überraschend starken Zahlen bleibt die Aktie angeschlagen. Seit Jahresbeginn liegt sie noch immer rund 47 Prozent im Minus – ein Rückschlag, der mit einer abrupten Umsatzkorrektur im Zusammenhang steht.
Hintergrund war eine Rücknahme der Prognose für das Fiskaljahr 2026, nachdem ein Großkunde – mutmaßlich Nvidia – plötzlich keine Semtech-Komponenten der „CopperEdge“-Serie mehr abnahm. Der Kurs rutschte daraufhin zwischenzeitlich von über 70 Dollar auf unter 35 Dollar. Das aktuelle Kursniveau liegt bei rund 37 Dollar.
Die Quartalszahlen sind daher weniger ein Beleg für strukturelle Stärke als vielmehr ein Hoffnungsschimmer in einem nach wie vor volatilen Marktumfeld. Die Analysten von Bank of America kommentierten die Zahlen als "erfreuliche Trendwende – mit begrenzter Visibilität für die Folgemonate".
KI-Boom trifft auf chinesische Realität
Dass Semtech überhaupt wieder in Fahrt kommt, liegt auch an geopolitischen Faktoren. Die US-Regierung erhöht derzeit den Druck auf chinesische Wettbewerber und beschränkt Exportlizenzen für KI-Chips.
Gleichzeitig fördern Washingtons Subventionsprogramme inländische Anbieter von Infrastrukturkomponenten für Rechenzentren. Semtech profitiert indirekt – auch wenn der direkte Vergleich mit Branchengrößen wie Nvidia oder AMD weiterhin nicht besteht.
Dass ausgerechnet Semtech momentan für positive Schlagzeilen sorgt, ist bemerkenswert. Denn eigentlich hatte sich die Marktstimmung zuletzt deutlich eingetrübt: Der Nasdaq verlor seit Jahresbeginn rund 8 Prozent, Chipriesen wie Nvidia (-16 %) und AMD (-12 %) wurden von Investoren gnadenlos abgestraft. Auch die Sorge vor Überkapazitäten und einem sich abschwächenden KI-Investmentboom machte zuletzt die Runde.
Wie tragfähig ist die Rally?
Das aktuelle Momentum bei Semtech speist sich vor allem aus dem Rückenwind für Cloud- und Infrastrukturbetreiber. Doch ob daraus ein echter Turnaround wird, hängt maßgeblich von der Nachhaltigkeit des Rechenzentrumsbooms ab – und von Semtechs Fähigkeit, neue Kunden zu gewinnen und sich gegen zunehmend aggressive Wettbewerber aus China zu behaupten.
Semtech selbst bleibt vorsichtig: Für das laufende Quartal erwartet das Management erneut einen Umsatz von rund 250 Millionen Dollar – also stagnierendes Wachstum.