Großer Abgang ohne großes Echo
Warburg Pincus zieht sich zurück. Der Finanzinvestor, der gemeinsam mit United-Internet-Chef Ralph Dommermuth den Webhoster IONOS 2023 an die Börse gebracht hatte, hat sein letztes Aktienpaket verkauft – 12,1 Millionen Stück, für 24,55 Euro je Aktie. Macht knapp 298 Millionen Euro.
Normalerweise sorgt so ein Ausstieg für Unruhe. Ein prominenter Investor geht – was weiß der, was wir nicht wissen? Doch diesmal: keine Panik, kein Absturz, kein lautes Rauschen.
Die Aktie gab am Freitagvormittag kurz nach, drehte dann aber wieder ins Plus. Das war kein Feuerwerk, aber ein klares Signal: Der Markt bleibt ruhig. Und das sagt viel über das Unternehmen.
Timing: Gut für Warburg, gut für alle
Warburg Pincus hat das Momentum genutzt. Die IONOS-Aktie ist seit Jahresbeginn um fast 18 Prozent gestiegen, der Abschlag beim Paketverkauf lag bei überschaubaren 5,4 Prozent zum Vortag. Für einen Blocktrade dieser Größenordnung: moderat.
Aber auch für den Markt war das Timing nicht schlecht. Denn der Ausstieg bringt Klarheit – und Liquidität. Der Streubesitz steigt von 26,7 auf 35,4 Prozent. Das macht die Aktie nicht nur handelbarer, sondern auch interessanter für institutionelle Investoren. Genau das braucht ein SDAX-Wert, der raus aus dem Schatten will.
Die Aktie steht besser da, als viele denken
Dass der Kurs trotz der Platzierung stabil bleibt, liegt auch an der Bilanz. IONOS hat zuletzt geliefert: solide Geschäftszahlen, ein klarer Ausblick, ehrgeizige Wachstumsziele beim Ebitda.
Analysten wie Karsten Oblinger von der DZ Bank sehen weiteres Potenzial und belassen ihr Kursziel bei 32 Euro – fast 17 Prozent über dem aktuellen Niveau. Seine Begründung: Das Wachstum sei im Kurs noch nicht ausreichend eingepreist.
Was der Ausstieg bedeutet – und was nicht
Warburg Pincus war ein typischer IPO-Partner: dabei beim Börsengang, präsent in der Wachstumsphase, jetzt der geordnete Rückzug. Dass der Fonds nicht abrupt alles auf einmal verkauft hat, sondern über Monate Stück für Stück, zeigt: Es gab keinen Vertrauensverlust – nur einen strategischen Exit.
Dass IONOS jetzt ohne den prominenten Co-Gründer dasteht, ist kein Makel. Es ist ein Entwicklungsschritt. Die Firma wird unabhängiger, der Markt breiter. Und für neue Investoren entsteht Raum.
Noch Fragen offen? Ja – aber andere
Die spannendere Frage ist jetzt nicht, warum Warburg Pincus verkauft hat – sondern wer künftig kauft. Denn mit steigendem Streubesitz, stabilen Zahlen und einem Fokus auf Cloud-Dienstleistungen für mittelständische Unternehmen wird IONOS zunehmend zum interessanten Ziel – auch für andere Strategen im Markt.
Ein Übernahmekandidat? Noch zu früh. Aber ausgeschlossen ist es nicht. Denn der europäische Hostingmarkt ist fragmentiert, IONOS aber gut positioniert. Und wer als internationaler Konzern in Europa wachsen will, schaut genau hin.
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