06. Oktober, 2024

Politik

Wandel im Iran: Peseschkian gewinnt Präsidentschaftswahl

Wandel im Iran: Peseschkian gewinnt Präsidentschaftswahl

Nach dem Wahlsieg des gemäßigten Präsidentschaftskandidaten Massud Peseschkian könnte im Iran ein bedeutsamer politischer Kurswechsel bevorstehen. Der ehemalige Gesundheitsminister setzte sich mit 53,7 Prozent der Stimmen gegen seinen ultrakonservativen Herausforderer Said Dschalili durch. Trotz der komplexen politischen Landschaft und dominierenden Interessengruppen im Land bleibt jedoch fraglich, in welchem Ausmaß dieser Wahlsieg tatsächlich weitreichende Veränderungen bewirken kann.

Staatsfernsehen zeigte jubelnde Anhänger Peseschkians, die den Wahlsieg des 69-Jährigen mit Hupkonzerten feierten. In der Hauptstadt Teheran blieben die Reaktionen zunächst verhalten. Peseschkian, der zur Reformbewegung gehört und das System von innen reformieren möchte, betonte nach seinem Sieg die Bedeutung von Zusammenarbeit: "Wir werden allen die Hand der Freundschaft reichen. Lasst uns alle am Aufstieg des Landes arbeiten.“

Die Wahlbeteiligung stieg leicht im Vergleich zur ersten Runde, mit 49,8 Prozent der Wahlberechtigten, die ihre Stimme abgaben – ein Zeichen für das grundlegende Desinteresse und die Ernüchterung vieler Iraner.

Interessanterweise zeigte der Wahlkampf Peseschkians das Bild eines Politikers, der sich um Nahbarkeit bemüht. Mit seiner Tochter und seinem Enkelkind trat er bei Wahlkampfterminen auf, um sein Anliegen für den Iran zu unterstreichen. Die Iraner sind nach zahlreichen gescheiterten Reformen in der Vergangenheit jedoch skeptisch, ob Peseschkian seine Versprechen einlösen kann.

Peseschkian sammelte bereits während der zweiten Präsidentschaft Mohammed Chatamis als Gesundheitsminister Regierungserfahrung. Mit gemäßigter Rhetorik und der Unterstützung für die Revolutionsgarden versucht er, ein schwieriges Gleichgewicht zwischen Reform und konservativen Werten zu finden.

Der Marburger Politologe Tareq Sydiq sieht in Peseschkians Sieg einen symbolischen Erfolg für die moderaten Kräfte im Iran. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob sich die traditionelle Machtstruktur von seinen Reformideen beeindrucken lässt. Die wirtschaftliche Lage, geprägt von internationalen Sanktionen und gravierenden wirtschaftlichen Problemen, war ein zentrales Thema der Wahlkampfdebatten.

Der Tod der jungen Kurdin Jina Masa Amini im Herbst 2022 hatte landesweite Proteste ausgelöst, doch größere Straßendemonstrationen blieben seitdem aus. Die allgemeine Stimmung ist von Enttäuschung geprägt, und viele gebildete Iraner denken darüber nach, das Land zu verlassen.

Einige Aktivisten wie die inhaftierte Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi hatten vor der Wahl zum Boykott aufgerufen. Dennoch bleibt die Frage offen, inwieweit Peseschkian die notwendigen Reformen umsetzen kann, um das Vertrauen des Volkes zurückzugewinnen.