Während die Aktienmärkte am Montag, dem letzten Handelstag vor der Wahl, lediglich mit leichten Verlusten schlossen, arbeiten die großen Wall-Street-Häuser schon auf Hochtouren.
Goldman Sachs und andere Großbanken haben Teams für den Wahlabend organisiert, die in verschiedenen Zeitzonen rund um die Uhr einsatzbereit sind. Ziel ist es, potenzielle Schwankungen in den Märkten zu bewältigen und die Kundenbestände abzusichern.
„Jeder aus unserem Team wird die Entwicklungen eng im Blick behalten,“ betont Bill Campbell, Portfoliomanager bei DoubleLine Capital.
Was passiert mit dem Dollar und den Zöllen?
Das Kopf-an-Kopf-Rennen sorgt für eine angespannte Stimmung, denn die beiden Kandidaten könnten die US-Wirtschaft in entgegengesetzte Richtungen lenken. Eine Wiederwahl Trumps würde vermutlich harte Einfuhrzölle mit sich bringen – bis zu 60 Prozent für China-Importe, 20 Prozent für andere Länder.
Dies könnte Stahlunternehmen wie Nucor und Aluminiumproduzenten wie Kaiser Aluminum zugutekommen, die sich durch Trumps Politik einen Wettbewerbsvorteil erhoffen.
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Für Harris hingegen steht Kontinuität an erster Stelle, insbesondere im Bereich der Energiewende. Unternehmen wie EVgo und Chargepoint könnten von einer Präsidentschaft der derzeitigen Vizepräsidentin profitieren, so eine aktuelle Analyse von JP Morgan Chase.
„Die Kandidaten vertreten völlig verschiedene Wirtschaftsvisionen, was es schwierig macht, sich vorab eindeutig zu positionieren,“ erklärt Campbell.
Auch beim Dollar und den Zinsen wären die Folgen klar spürbar.
Fed und Zinssenkungen: Anleihen als Sicherungsanker
Die Unsicherheit über den Wahlausgang überschneidet sich mit der bevorstehenden Zinsentscheidung der Federal Reserve am Donnerstag. Erwartet wird eine weitere Zinssenkung, die Investoren zusätzliche Impulse geben könnte.
In den letzten Wochen stiegen die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen, doch die Spannungen um die Wahl könnten den Markt erneut unter Druck setzen.
Ed Yardeni, Kapitalmarktexperte, sieht in der steigenden Staatsverschuldung ein großes Risiko, das langfristig die Aktienmärkte belasten könnte, unabhängig vom Wahlsieger.
Kryptowährungen und Bitcoin: Ein neuer „Trump-Trade“?
Bitcoin und andere Kryptowährungen sind seit Wochen volatil, doch Trumps Wahlversprechen, Kryptowährungen zu fördern, könnten die Kurse in der Wahlnacht weiter antreiben.
Der Republikaner hat sich öffentlich als „Krypto-Präsident“ positioniert, was die Währung auf ein Allzeithoch von 73.750 Dollar antrieb, bevor der Bitcoin wieder auf 67.779 Dollar fiel. Sollte Trump in der Wahlnacht deutlich vorne liegen, erwarten Analysten, dass die Kryptowährungen erneut anziehen könnten.
Im Gegensatz dazu könnte ein Harris-Sieg die Euphorie bremsen, da ihre Administration eine vorsichtigere Position gegenüber Kryptoanlagen einnehmen dürfte.
Wall Street plant für lange Nächte
Besonders in Swing States könnte es zu engen Ergebnissen kommen, die rechtliche Anfechtungen oder sogar Neuauszählungen nach sich ziehen. Die Finanzmärkte stehen damit vor potenziell turbulenten Tagen – eine Herausforderung, die auch für erfahrene Marktbeobachter schwer vorhersehbar ist.
Frank Kelly, Gründer der Beratungsfirma Fulcrum Macro Advisors, rät Investoren, auf Florida und North Carolina zu achten.
„Sollte Trump Florida mit klarem Vorsprung gewinnen, könnte das den Märkten als Hinweis auf einen positiven Wahlausgang für Trump dienen. Ein knapper Vorsprung würde Harris Rückenwind geben.“
Die Unsicherheit könnte dazu führen, dass der Dollar an Attraktivität gewinnt, insbesondere wenn Trumps Zölle Inflation und Zinserhöhungen anheizen würden. Auf diesen sogenannten „Trump-Trade“ setzen bereits einige Hedgefonds, die erwarten, dass sich das Kursverhältnis des Dollars zu anderen Währungen in Trumps Sinne entwickeln könnte.
Wahl-Chaos als Risiko für Anleger und Institutionen
Für Anleger bleibt das Risiko erheblich. Die potenziellen Marktreaktionen auf die US-Wahl sind in den Prognosen breit gestreut, von steigenden Zinsen und einem stärkeren Dollar unter Trump bis hin zu einem Kursanstieg bei nachhaltigen Investments unter Harris.