In den vernetzten Welten der Online-Dating-Plattformen scheint die Beziehung zwischen Wall Street und dem Branchenriesen Match Group zuletzt ins Stocken geraten zu sein. Hauptverantwortlich für die kühle Stimmung ist das stagnierende Wachstum der populären App Tinder, die mehr als die Hälfte der Einnahmen des Unternehmens generiert. Die Konsequenz? Matchs Aktienkurs ist in diesem Jahr um fast 14% gefallen, nachdem er bereits im vergangenen Jahr 12% eingebüßt hatte. Doch Match ist nicht allein – auch der Mitbewerber Bumble verzeichnete in diesem Zeitraum einen dramatischen Wertverlust von 60%.
In dieser Woche bot das allererste Analystentreffen von Match eine Chance, das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen. Doch die erhoffte Wende blieb aus. Die langfristigen Wachstumsziele für Umsatz und bereinigte Erträge bis 2027 entsprachen den Erwartungen der Analysten und blieben daher ohne großen Effekt. Hinzu kam die Ankündigung eines einstelligen Rückgangs der direkten Einnahmen von Tinder im nächsten Jahr, was die Erwartungen von rund 2% Wachstum an der Wall Street enttäuschte. Trotz eines neuen Aktienrückkaufs im Wert von 1,5 Milliarden Dollar und der ersten vierteljährlichen Dividendenzahlung seitens des Unternehmens reichte dies nicht aus, um die Anleger zu beschwichtigen: Die Aktie fiel nach dem Treffen am Mittwoch um weitere 6%.
Das Problemkind bleibt Tinder. Mit 47 Millionen monatlich aktiven Nutzern ist die zwölf Jahre alte App zwar weit größer als das zweitgrößte Produkt von Match, Hinge. Doch gerade diese Breite macht Tinder anfällig für Fake-Accounts und Missbrauch. Zudem lastet auf der App ihr langjähriger Ruf als 'Hookup'-Plattform, den Match mit großem Einsatz zu ändern versucht. 'Die Wahrnehmung, dass Tinder hauptsächlich für unverbindliche Treffen genutzt wird, hat sich in den USA und Großbritannien um 12 Prozentpunkte verbessert, seit wir unsere Markenarbeit vor zwei Jahren begonnen haben,' berichtete Tinder-Chefin Faye Iosotaluno bei dem Analystentreffen. Auch in Zukunft werde man verstärkt investieren, um klarzumachen, dass Tinder vielfältige Beziehungsziele unterstützt.
Um die Nutzerfreundlichkeit zu steigern, plant Tinder umfangreiche Neuerungen. Hierzu gehören unter anderem das Hochladen von Gesichtsfotos und ein 'Lebendigkeitstest', bei dem die Handy-Kamera zur Authentifizierung eingesetzt wird. Künstliche Intelligenz soll helfen, die Qualität der Partnervorschläge zu verbessern, und ein 'Double-Dating'-Feature wird es ermöglichen, zusammen mit Freunden im Doppelpack auf Partnerjagd zu gehen. Die geplanten Innovationen sorgten durchaus für Interesse. Wie Nathan Feather von Morgan Stanley seinen Kunden schrieb: 'Wir glauben, dass veraltete Produkte das Wachstum der monatlich aktiven Nutzer von Tinder belastet haben, und sind ermutigt, differenzierende Features in Arbeit zu sehen.'