An der Wall Street herrscht derzeit eine Mischung aus Vorfreude und Vorsicht. Führende Köpfe der Finanzindustrie spekulieren auf geschäftsfreundliche Maßnahmen im Hinblick auf eine mögliche zweite Amtszeit von Donald Trump. Banken und Private-Equity-Unternehmen erwarten eine deutliche Erleichterung der regulatorischen Zwänge, die sie während der Biden-Administration zu spüren bekommen haben. Angestrebt wird dabei eine schlankere Regierung, umfassende Deregulierungen sowie Steuererleichterungen für Unternehmen und Wohlhabende.
Ein zentrales Thema ist die erwartete Lockerung im Bereich der Wettbewerbspolitik sowie der Regulierung des Bankensektors und der Kryptowährungen. Diese Maßnahmen könnten die Unternehmensgewinne erheblich steigern und den Dealflow ankurbeln, so Branchenkenner. Euan Rellie, Mitbegründer von BDA Partners, lobte Trump als wirtschaftsfreundlich und regulationskritisch und prognostizierte eine Belebung des M&A-Marktes.
Gleichzeitig betonten einige Banker jedoch die Unsicherheiten, die mit Trumps unvorhersehbarem Regierungsstil einhergehen könnten. Sorgen machen ihnen mögliche Wendungen in der Handelspolitik, ein riskanter fiskalischer Kurs, der zur Erhöhung der Staatsverschuldung führen könnte, sowie mögliche Anpassungen der Visa-Programme.
Trotz dieser Bedenken überwog in der unmittelbaren Reaktion die Euphorie. Der US-Aktienmarkt erlebte einen starken Aufschwung. Ein nicht namentlich genannter Banker berichtete von einem positiven Anstieg neuer Mandate sowie Chancen für Börsengänge. Zudem diskutieren Investmentbanken, darunter eine global agierende Institution aus New York, die Wiederaufnahme von Deals, die aufgrund strengerer regulatorischer Vorgaben der Biden-Administration nicht realisiert werden konnten.
Eine lockerere Wettbewerbspolitik könnte das Dealmaking in vielen Branchen beflügeln. Insbesondere im Mediensektor sind in den nächsten Jahren Konsolidierungstendenzen zu erwarten. Laut Greg Hertrich von Nomura könnte auch der Bankensektor von einer Welle von Fusionen betroffen sein, wodurch sich die Zahl der Banken von derzeit 4.700 auf etwa 2.500 verkleinern könnte.
Der Optimismus verdeutlicht sich auch an den steigenden Aktienkursen von Finanzdienstleistern wie Capital One und Discover Financial Services, die auf eine Genehmigung ihres 35,3-Milliarden-Dollar-Deals hoffen.