Die jüngste US-Wahl hat in Europa Alarmglocken schrillen lassen. Spitzenvertreter der Europäischen Union mahnen nun dazu, den Bürokratiedschungel zu lichten und die Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank, und François Villeroy de Galhau, Gouverneur der Banque de France, sehen die Wahl als einen Weckruf, der bestehende geopolitische Spannungen verstärken könnte. Ein Handelskrieg und eine potenzielle Zerreißprobe der deutsch-französischen Achse könnten schwerwiegende Auswirkungen auf die Eurozone haben.
In einem gemeinsamen Artikel, der kürzlich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sowie in Le Monde veröffentlicht wurde, betonten Nagel und Villeroy de Galhau, dass Frankreich und Deutschland stärker zusammenhalten müssten. Eine Spaltung wäre katastrophal nicht nur für die beiden Länder, sondern für ganz Europa.
Unterdessen hat Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank, mutig die Interessen kritisiert, die der EU nach wie vor zusetzen. Ihre Kritik richtet sich gegen die zahlreichen gescheiterten Versuche, die regulatorischen Hürden der EU abzubauen, was dazu führte, dass der Kontinent politisch wie wirtschaftlich immer wieder aufs Neue ins Hintertreffen gerät. Besonders bemerkenswert ist Lagardes Hinweis auf die klaffende Wohlstandslücke zwischen Europa und den USA – und die technologischen Defizite, die den Kontinent im internationalen Vergleich noch stärker benachteiligen.
Lagarde hatte bereits zuvor Donald Trump, der im Januar ins Weiße Haus zurückkehren wird, als Bedrohung für Europa bezeichnet. Seine geplanten Handelsbarrieren und die Kritik an europäischen Verteidigungsausgaben könnten die Situation zusätzlich anheizen. Der technologische Rückstand und die fragmentierten Märkte behindern die wirtschaftliche Prosperität der EU, was Lagarde als "fehlendes Glied" in der wirtschaftlichen Entwicklung Europas beschreibt. Zudem stehen Frankreich und Deutschland vor erheblichen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Frankreich plant drastische Ausgabenkürzungen, um seine Schulden in den Griff zu bekommen, während Deutschland nach dem Zusammenbruch der Koalitionsregierung von Olaf Scholz Neuwahlen vorbereiten muss.