05. Oktober, 2024

Politik

Vorentscheidung in Frankreich: Spannung bei vorgezogenen Parlamentswahlen

Vorentscheidung in Frankreich: Spannung bei vorgezogenen Parlamentswahlen

Die zweite Runde der bislang spannungsgeladenen vorgezogenen Parlamentswahl in Frankreich zieht das Interesse der Bevölkerung auf sich. Bereits bis zum Mittag hatte mehr als jeder vierte Wahlberechtigte seine Stimme abgegeben, wie das Innenministerium in Paris vermeldete. Die Beteiligung lag um 12.00 Uhr bei 26,63 Prozent und damit höher als beim ersten Wahlgang vor einer Woche.

Im Vergleich zur letzten regulären Parlamentswahl 2022 ist das Interesse ungewöhnlich hoch. Damals lag die Beteiligung am Mittag bei nur 18,99 Prozent. Diese auffällige Steigerung deutet auf die brisante Bedeutung der aktuellen Wahlen hin, vor allem im Hinblick auf einen möglichen Rechtsruck.

Die Wahlen entscheiden nicht nur über die Mehrheitsverhältnisse in der Nationalversammlung, sondern vor allem darüber, ob Präsident Emmanuel Macron mit seiner Entscheidung, Neuwahlen abzuhalten, den Rechten den Weg zur Macht geebnet hat. Insbesondere Marine Le Pen und ihr Rassemblement National (RN) steuern auf ein historisches Ergebnis zu. Umfragen prognostizieren dem RN 205 bis 240 Sitze – mehr als doppelt so viele wie bisher – und damit die stärkste Kraft in der Nationalversammlung. Eine absolute Mehrheit von 289 Sitzen wird jedoch voraussichtlich nicht erreicht.

Dem gegenüber steht das neue Linksbündnis, das auf Rang zwei liegt und aus Grünen, Sozialisten, Kommunisten und der Linkspartei besteht. Das Macron-Bündnis hingegen sieht sich laut Umfragen mit einer demütigenden Niederlage konfrontiert und würde nur noch stark reduziert im Parlament vertreten sein.

Premierminister Gabriel Attal wird noch einige Tage geschäftsführend im Amt bleiben, während die Regierungskonstellationen geklärt werden. Sollte das RN die absolute Mehrheit erringen, könnte RN-Chef Jordan Bardella als Premierminister installiert werden, was zu einer sogenannten Kohabitation führen würde.

Ein weiterer interessanter Aspekt sind die konservativen Républicains (LR), die sich als Königsmacher in der neuen Parlamentslandschaft positionieren könnten. Ihr Vorsitzender Éric Ciotti hat bereits eine Kooperation mit dem RN angekündigt, was innerhalb der Partei jedoch zu Spannungen führte.

Offen bleibt, wie die politische Landschaft aussehen wird, wenn sich die Parteien gegen das RN zusammenschließen und nicht miteinander regieren wollen. Ein politischer Stillstand scheint dann unvermeidlich.

Die letzten Wahllokale schließen um 20.00 Uhr, und es wird mit ersten Hochrechnungen gerechnet, die einen klareren Blick auf das zukünftige politische Klima Frankreichs geben dürften.