Deutschlands größtes Wohnimmobilienunternehmen, Vonovia, hat im ersten Halbjahr erneut einen Verlust verbucht. Dieser fiel jedoch deutlich geringer aus als im Vergleich zum Vorjahr. "Im zweiten Quartal erkennen wir wieder höhere Volumen bei Immobilientransaktionen und eine erwartete Bodenbildung bei unseren Immobilienwerten", kommentierte CEO Rolf Buch optimistisch. Diese Entwicklungen verleihen dem Vonovia-Geschäft Rückenwind und lassen das Management zuversichtlich in die Zukunft schauen. Nach der Beendigung des Verkaufsprogramms plant das Unternehmen, spätestens ab 2025 wieder auf Wachstumskurs umzuschalten.
In dieser positiven Stimmung stieg der Aktienkurs von Vonovia um 4,2 Prozent auf 29,60 Euro und näherte sich damit dem Jahreshoch von Mitte Mai. Gleichwohl hat die Aktie in den letzten drei Jahren ein Drittel ihres Wertes verloren. Die Abwertung des Immobilienportfolios aufgrund der veränderten Zinslandschaft hatte im vergangenen Jahr für milliardenschwere Verluste gesorgt. Derzeit weist das Unternehmen für das erste Halbjahr einen Verlust von 529 Millionen Euro aus, im Vergleich zu einem Fehlbetrag von über vier Milliarden im Vorjahr. Eine leichte Reduktion des Vermietungsportfolios verdeutlicht die Erholung der Märkte.
Analysten zeigen sich ebenfalls optimistisch. Simon Stippig von Warburg Research sieht die geringere Neubewertung des Immobilienportfolios als Zeichen der Marktstabilisierung. JPMorgan-Analyst Neil Green geht davon aus, dass das Tief in der Portfoliobewertung überwunden ist und die Gewinnentwicklung das obere Ende der Jahresziele erreichen könnte. UBS-Analyst Charles Boissier bemerkt, dass Vonovia bei den meisten Kennziffern besser als erwartet abschnitt.
Operativ verlief das erste Halbjahr jedoch noch nicht zufriedenstellend. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sank um knapp drei Prozent auf 1,27 Milliarden Euro. Dies ist vor allem auf Verluste im Development-Geschäft und den Verkauf von Wohnungen zurückzuführen. Der bereinigte Vorsteuergewinn schrumpfte um sechs Prozent auf 887 Millionen Euro. Auf der anderen Seite profitierte die Vermietung von einer hohen Nachfrage nach Wohnraum in Ballungsgebieten, was die Mieten um 3,7 Prozent auf durchschnittlich 7,86 Euro pro Quadratmeter ansteigen ließ.
Vonovia erzielte Fortschritte bei seinen Verkäufen und veräußerte kürzlich fast 2000 Wohnungen im Großraum Frankfurt und Rhein-Main für rund 300 Millionen Euro. Weitere 185 Millionen Euro resultierten aus kleineren Transaktionen, und im ersten Quartal wurden rund 4500 Wohnungen in Berlin für 700 Millionen Euro an kommunale Wohnungsunternehmen verkauft. Insgesamt veräußerte Vonovia seit Jahresbeginn Immobilien im Wert von 1,5 Milliarden Euro.
Um seine Schulden abzubauen, plant Vonovia, 2024 Wohnungen im Wert von rund drei Milliarden Euro zu verkaufen und den sogenannten LTV-Wert bis Jahresende auf 45 Prozent zu senken. Ende Juni lag dieser Wert bei 48,2 Prozent. Analyst Pierre-Emmanuel Clouard von Jefferies kritisiert jedoch die steigende Verschuldung des Unternehmens. Durch Wohnungsverkäufe und den Verkauf von Minderheitsanteilen an Immobilienportfolios erzielte Vonovia 2023 Erlöse von rund vier Milliarden Euro.
Angesichts der gestiegenen Baukosten aufgrund der Zinswende hat sich Vonovia weitgehend vom Neubau verabschiedet. "Wir bauen unsere Projekte fertig", sagte Buch und fügte hinzu, dass die Fertigstellung neuer Wohnungen zurückgehen würde, wenn das Development nicht bald aktiviert werde. Positiv wertete er den Vorstoß von Bundesjustizminister Marco Buschmann, den Gebäudetyp E in die Ressortabstimmung zu bringen, um das Bauen einfacher und kostengünstiger zu machen. Buch betont jedoch, dass zusätzliche Maßnahmen neben der Senkung der Baukosten und Förderungen erforderlich sind, darunter Änderungen im Mietrecht.