Die Weichen sind gestellt: Deutschlands größter Immobilienkonzern, Vonovia, hat grünes Licht für die vollständige Integration seiner Tochter Deutsche Wohnen erhalten.
Mit einer fast einstimmigen Mehrheit von 99,97 Prozent stimmten die Vonovia-Aktionäre am Donnerstag auf der außerordentlichen Hauptversammlung dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zu. Auch die Aktionäre der Deutsche Wohnen hatten dem Vertrag bereits zugestimmt.
Der Zusammenschluss ist eine der größten Fusionen in der Geschichte der deutschen Immobilienwirtschaft – doch die Übernahme weckt nicht nur Euphorie.
Angesichts steigender Zinsen und zunehmender Regulierung des Wohnungsmarktes stellen sich kritische Fragen zur langfristigen Stabilität und Strategie des Konzerns.
Fakten im Überblick
- Vertrag genehmigt: Vonovia-Aktionäre stimmen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit Deutsche Wohnen zu.
- Abfindung: Außenstehende Aktionäre erhalten 0,7947 Vonovia-Aktien je Deutsche Wohnen-Aktie.
- Ausgleichszahlung: Jährlich 1,03 Euro netto je Deutsche Wohnen-Aktie.
- Vonovia-Beteiligung: Der Konzern hält künftig 77 % der Anteile an Deutsche Wohnen nach einem Joint Venture.
- Marktausblick: Fusion macht Vonovia zum größten Immobilienkonzern Europas mit über 550.000 Wohnungen.
Übernahmedetails im Fokus
Mit der Zustimmung zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wird Vonovia die volle Kontrolle über die operative und finanzielle Führung von Deutsche Wohnen übernehmen. Ein zentrales Element der Vereinbarung ist die Abfindung der verbleibenden „außenstehenden Aktionäre“ von Deutsche Wohnen.
Sie erhalten für jede Aktie eine Entschädigung in Form von 0,7947 Vonovia-Aktien. Außerdem wird eine jährliche Ausgleichszahlung in Höhe von brutto 1,22 Euro je Aktie (netto 1,03 Euro) geleistet.
Der Vertrag ist unbefristet, jedoch frühestens nach fünf Jahren kündbar. Vonovia hält derzeit rund 87 Prozent der Stimmrechte an Deutsche Wohnen, ein Anteil, der sich nach Abschluss eines kürzlich vereinbarten Joint Ventures mit Apollo auf 77 Prozent reduzieren wird.
Herausforderungen durch Marktbedingungen
Obwohl der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag die Integration formalisiert, kommt die Übernahme zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.
Der Immobiliensektor steht aufgrund der anhaltenden Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank und strenger regulatorischer Eingriffe in den Wohnungsmarkt unter enormem Druck.
Vonovia, das bereits über 550.000 Wohnungen verwaltet, hat zuletzt mit einer steigenden Schuldenlast zu kämpfen. Die Nettofinanzverschuldung des Konzerns lag im Jahr 2024 bei rund 43 Milliarden Euro.
Angesichts der Unsicherheit auf den Finanzmärkten wird die Fähigkeit von Vonovia, die Integration und die finanziellen Verpflichtungen aus der Übernahme zu stemmen, kritisch beäugt.
Reaktionen der Aktionäre und des Marktes
Obwohl die Zustimmung zur Übernahme formal fast einstimmig ausfiel, bleibt die Stimmung unter den Aktionären gemischt. Kritiker befürchten, dass die finanzielle Belastung durch die Abfindungs- und Ausgleichszahlungen sowie die laufenden Schulden den Spielraum für strategische Investitionen erheblich einschränken könnte.
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An der Börse wurde die Nachricht zunächst negativ aufgenommen: Sowohl die Aktien von Vonovia als auch von Deutsche Wohnen schlossen am Tag der Hauptversammlung mit leichten Verlusten. Analysten werten dies als Zeichen, dass die Investoren skeptisch bleiben, ob der Konzern die erwarteten Synergieeffekte realisieren kann.
Langfristige Perspektiven
Die Fusion könnte den deutschen Immobilienmarkt nachhaltig verändern. Mit einem noch größeren Portfolio und einer beherrschenden Marktstellung könnte Vonovia in der Lage sein, Kosten zu senken und die Verwaltung zu zentralisieren.
Kritiker warnen jedoch, dass ein solcher Konzentrationsprozess die Marktvielfalt und den Wettbewerb gefährden könnte – insbesondere in einem politisch hochsensiblen Bereich wie dem Wohnen.
Vonovia muss nun unter Beweis stellen, dass es nicht nur die Integration von Deutsche Wohnen erfolgreich umsetzen, sondern auch in einem angespannten Marktumfeld wachsen kann. Die nächsten Quartalszahlen und strategischen Entscheidungen werden zeigen, ob sich der Milliarden-Deal für alle Beteiligten auszahlt.